Grüne »Eindringlinge« machen der grünen Insel zu schaffen

Einst eingeschleppte Zierpflanzen als Landplage in irischem Nationalpark

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Viele Irland-Urlauber suchen auf der »grünen Insel« im Atlantik eine intakte Natur und gesunde Umwelt. Doch der Schein trügt. In irischen Nationalparks führen Landschaftsgärtner einen ständigen Kampf gegen fremde Pflanzenarten, die sich unkontrolliert ausbreiten und heimische Pflanzen verdrängen.

Der Besucher im Glenveagh National Park, in der Graftschaft Donegal auf dem Nordwestzipfel Irlands gelegen, wird stutzig, als ihm bei einem Rundgang ein Geländefahrzeug mit zwei Arbeitern begegnet, die eifrig Rhododendron-Büsche besprühen. Atemschutzmasken deuten auf Pestizide hin. Die Arbeiter sind bei einer Fremdfirma beschäftigt und werden eigens zur Bekämpfung von Rhododendron im Parkgelände angeheuert. Was hat es mit dieser »Rhododendron-Plage« auf sich? Rhododendron ponticum stammt aus der Schwarzmeerregion und wurde auf den britischen Inseln im 19. Jahrhundert als Zierpflanze eingeführt. Britische Lords ließen sich damals gerne Gewächse aus aller Welt herbeischaffen und damit ihre Gärten dekorieren. Von hier aus haben sich die Rhododendron-Büsche dann auf Wälder, Wiesen und Berghänge der Umgebung ausgebreitet. Die Pflanze hat ansehnliche Blüten und erfreut sich daher einer gewissen Beliebtheit. Doch was als farbenfrohes »Stück Natur« das Auge von Touristen erfreut, hat sich zunehmend zum Fluch der heimischen Flora entwickelt. Denn die bis zu fünf Meter hohen Büsche nehmen das Gelände derart in Beschlag, dass sie selbst ausgewachsenen Bäumen die Lebensgrundlage entziehen und diese regelrecht erwürgen. Das feuchte Klima und die sauren Böden begünstigten die Ausbreitung der Pflanze in Irland, Schottland und Wales. Auf dem Gelände des heutigen Glenveagh National Park wurde der Rhododendron gegen 1890 eingeführt, erklärt uns Sean OGaoithin, der dort seit zehn Jahren als Leiter der Landschaftsgärtnerei im Park tätig ist. Damals wurde um das private Jagdschloss herum ein bunter Park angelegt. »Rhododendron wurde zur Landschaftsverschönerung eingeführt. Gleichzeitig sollten die üppig wachsenden Büsche einen Ort bieten, in dem das Jagdwild Schutz und Brunftplätze findet«, erläutert OGaoithin. Dass man sich mit der sorglosen Einfuhr der fremden Pflanze eine ökologische Zeitbombe eingehandelt hatte, wurde erst in den 1940er Jahren erkannt. 1975 kaufte die irische Regierung die Liegenschaften um das an einem idyllischen See gelegene Jagdschloss und gründete den Nationalpark. Seither wurde hier viel Geld in die Rhododendron-Bekämpfung gesteckt. OGaoithin ist froh darüber, dass die (in Irland selten gewordenen) Eichenbestände wenigstens im Nationalpark vor dem Würgegriff der Eindringliche gerettet werden konnten. Die Bekämpfung laufe überwiegend manuell und mechanisch; nur an unzugänglichen felsigen Berghängen würden Pestizide gesprüht, weil dort eine mechanische Bekämpfung unmöglich sei. Das eingesetzte Sprühmittel sei das am wenigsten aggressive verfügbare Herbizid und baue sich selbst in der Natur binnen weniger Wochen wieder ab. Entwarnung ist für OGaoithin allerdings trotz einiger Erfolge nicht angesagt: »Rhododendron-Blätter und -Wurzeln geben Stoffe ab, die die chemische Zusammensetzung der Böden verändern und somit eine Wiederansiedlung anderer Pflanzen erschweren.« Außerdem habe der Wind Rhododendron-Samen weitertransportiert, so dass in der Umgebung immer noch eine große Samenbank schlummere. Der Kampf gegen Neophyten, wie Biologen die aggressiven Eindringlinge nennen, die bestehende Biotope grundlegend verändern können, wird auf allen Kontinenten geführt. Um einschlägige Erfahrungen auszutauschen, haben sich die Fachleute aus Donegal mit ihren Kolleginnen und Kollegen in aller Welt vernetzt. »Allmählich wächst das Bewusstsein dafür, dass man nicht alles drauflos anpflanzen darf, was schön aussieht. Ein langfristiges Management in Gartenbau und Forstwirtschaft muss all diese Erfahrungen aufgreifen und berücksichtigen«, fordert Sean OGaoithin. Ein unbegrenzter Import von Pflanzen werde über kurz oder lang riesige Probleme schaffen, warnt der Landschaftsgärtner: »In England tötet derzeit ein vom Festland eingeschleppter Virus viele Eichen ab, während eingeschleppte Käfer gerade die letzten englischen Ulmen erledigen. Wir im irischen Nordwesten sind noch weiter ab vom Sch...

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