Hohe Abbrecherquote

Immer mehr jungen Leute beenden ihre Lehre vorzeitig - Beobachtungen in Sachsen-Anhalt

  • Sabine Fuchs, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Azubis in Sachsen-Anhalt schmeißen inzwischen öfter die Lehre. Ein Grund könnte nach Auffassung der Wirtschaftskammern darin liegen, dass sie heute quasi freie Auswahl haben und schnell eine neue Stelle finden.

Magdeburg/Halle. Die Zahl der jungen Leute, die ihre Lehre vorzeitig abbrechen, steigt in Sachsen-Anhalt. Besonders in der Probezeit, die bis zu vier Monate dauert, schmeißen die Azubis hin oder werden gekündigt, wie eine dpa-Umfrage bei Wirtschaftskammern des Landes ergab. Besonders im Gastgewerbe und im Handel werden die Ausbildungsverträge frühzeitig aufgelöst. Im Bergbau und in der Keramikindustrie ist das dagegen eher selten der Fall. Die Gründe sind unterschiedlich. Sie reichen vom Berufswechsel über gesundheitliche Probleme bis hin zum Schulschwänzen oder der Arbeitsverweigerung.

21 655 Auszubildende waren 2011 in den Unternehmen beider Industrie- und Handelskammern (IHK) Sachsen-Anhalts in Magdeburg und Dessau-Roßlau beschäftigt. Davon hätten 2728 junge Leute die Lehre abgebrochen, sagte die Geschäftsführerin für Aus- und Weiterbildung der IHK Halle-Dessau, Simone Danek. Das seien 12,6 Prozent gewesen. Im Jahr davor habe die Quote bei 11,9 Prozent gelegen. 2010 hätten 2887 von 24 273 Azubis die Lehre abgebrochen. Ein Grund für die steigenden Zahlen könnte sein, dass die Azubis jetzt viel schneller als noch vor Jahren eine neue Stelle finden.

Besonders zu Beginn der Ausbildung sei die Abbrecherquote hoch, sagte Danek. Das liege zum einen daran, dass die Auflösung des Lehrvertrages in der Probezeit relativ problemlos sei. Zum anderen würden auch Lehrstellen in der Statistik erfasst, die nicht besetzt werden, weil ein Jugendlicher die Lehre nicht angetreten hat. Gründe dafür seien die Aufnahme eines Studiums oder das Abschließen von mehreren Lehrverträgen.

Das bestätigte auch eine Sprecherin der IHK Magdeburg. So brachen 31,66 Prozent der jungen Leute des Kammerbezirkes im Jahr 2011 in der Probezeit die Lehre ab. Für dieses Jahr könne sie noch keine Angaben machen, da die Probezeit noch bis zum 30. November geht. Von 2008 bis Oktober 2012 habe es im Kammerbezirk Magdeburg 20 735 Auszubildende mit neu abgeschlossenen Verträgen gegeben, erklärte die Sprecherin. 2748 dieser Lehrlinge gaben auf. Im Verhältnis hätten mehr Frauen als Männer die Lehre abgebrochen.

Auch im Handwerk ist die Zahl der Abbrüche gestiegen. Wurden bei der Handwerkskammer Magdeburg im Jahr 2010 noch 753 Lehrverträge vorzeitig gelöst, waren es im vergangenen Jahr 773, obwohl die Zahl der Auszubildenden insgesamt von 5780 auf 4858 zurückgegangen war. Die Gründe waren unterschiedlich, sagte die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Anja Gildemeister. Teils entsprach die Ausbildung nicht den Vorstellungen der jungen Leute, teils stimmte das Verhältnis zwischen Betrieb und Lehrling nicht.

Selbst in beliebten Berufen wie Friseur oder Kfz-Mechatroniker wurde die Lehre oftmals vorzeitig beendet, sagte Gildemeister. So gaben im vergangenen Jahr 98 von 376 Friseurlehrlingen und 64 von 807 Kfz-Mechatronikerlehrlingen auf.

Fast jeder Dritte

In Mecklenburg-Vorpommern bricht fast jeder dritte Auszubildende seine Lehre vorzeitig ab. 2010 lösten laut Berufsbildungsbericht 31,5 Prozent der Azubis ihre Verträge vorfristig, im Jahr zuvor waren es 30,2 Prozent. Die anteilsmäßig meisten Lehrabbrüche gab es 2010 laut Statistik im Handwerk mit 37,1 Prozent. In der Landwirtschaft lag die Abbrecherquote bei 33,9 Prozent, in der Hauswirtschaft bei 32,9 Prozent und im Bereich von Industrie und Handel bei 31,1 Prozent. Die wenigsten Vertragslösungen registrierte der öffentliche Dienst. (dpa/nd)

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