Die Hoffnung ist weiblich

Die Filmreihe »Afrikamera« widmet ihren Schwerpunkt Frauen vor und hinter der Kamera

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 4 Min.

Zu seinem fünften Jubiläum leistet sich das Berliner Filmfest »Afrikamera - Aktuelles Kino aus Afrika«, einer Initiative des gemeinnützigen Berliner Kulturvereins toucouleur mit vielen Kooperationspartnern und Förderern, einen Tag Filme mehr und eine kleine Festbroschüre. Und widmet seinen thematischen Schwerpunkt einer neuen Generation afrikanischer Frauen, die neue Bilder des Kontinents auf die Leinwand bringen.

Denn in sechs Jahrzehnten schwarzafrikanischer Filmgeschichte ist es den Frauen in Afrika bisher nur wenig besser ergangen als überall sonst in der Filmindustrie: Regisseurinnen hatten es schwer, sich durchzusetzen, Schauspielerinnen bezahlten für ihren Mut bei der Wahl ihrer Rollen mit Anfeindungen im persönlichen Leben, und wer bei der Gründung bedeutender Infrastrukturmaßnahmen initiativ wurde, durfte die neuen Film-Institutionen deshalb noch lange nicht leiten.

Dass Frauen in Teilen Afrikas auch heute noch als potenzielle Hexen betrachtet und wie ein Fremdkörper im sozialen Wesen behandelt werden, mag zwar der Extrempunkt sein. Aber dass es zumindest in Ghana noch immer gängige Praxis ist, sie für jedes Unglück verantwortlich zu machen, zeigt die ghanaische Autorin und Dokumentaristin Yaba Badoe in »The Witches of Gambaga« (Die Hexen von Gambaga). Sie besuchte ein Lagerdorf im Norden des Landes, in dem Hunderte von Frauen Unterschlupf fanden, die der Hexerei bezichtigt wurden - sehr zum finanziellen Vorteil des (selbstredend männlichen) Dorfobersten, den die Verstoßenen für seine Schutzherrschaft mit Geld und ihrer Arbeitskraft bezahlen. Unterstützervereine, die sich um die Rückkehr der Frauen in ihre Familien bemühen, haben einen schweren Stand gegenüber dem fest verwurzelten Aberglauben, der jeder Frau ein erhebliches negatives Potenzial zuschreibt und die Schlachtung von Federvieh für ein aussagekräftiges Mittel hält, die Anwendung solcher Kräfte zu diagnostizieren.

In »Une femme pas comme les autres« (Anders als die anderen) lässt Regisseur Abdoulaye Dao aus Burkina Faso seine Heldin zu einem originellen Mittel aktiver Gegenwehr greifen, als ihr Mann sie betrügt: Wenn ein Mann mehrere Frauen haben darf, warum dann nicht auch seine Frau mehrere Männer? Eine emotionale Retourkutsche, die die Logik auf ihrer Seite hat, aber leider nicht die gesellschaftliche Wirklichkeit. Die Hauptdarstellerin Georgette Paré wird zur Vorstellung dieses Films erwartet.

Auch in den vier Kurzfilmen aus Mosambik, mit denen in diesem Jahr nach Ruanda und Madagaskar ein weiteres »kleines« Filmland Schwarzafrikas vorgestellt wird, geht es um Frauen: um eine Tochter, die gegen ihren gewalttätigen Vater aufbegehrt, eine Frau, die ihren gewalttätigen Ehemann umbringt, eine alleinerziehende Mutter - und um eine Großmutter, die ihre 14 Enkel alleine aufzieht, nachdem ihr Sohn und alle seine Ehefrauen an Aids verstarben.

Ein zweites Kurzfilmprogramm unter dem Titel »Weibsbilder - African Sisters of the Screen« versammelt Filme nord- und schwarzafrikanischer Regisseurinnen von großer inhaltlicher und formaler Vielfalt. Gleich der erste Film zeigt nachdrücklich, wie groß in diesem dürregeplagten Kontinent die Sorge um die Folgen der Klimaveränderung sind. Und auch die traditionelle Podiumsdiskussion in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) wird sich mit Afrikas weiblichen Hoffnungsträgerinnen befassen: »Female Screens, Filmemacherinnen in Afrika«. Aber auch andere Themen (und die Spielfilmsparte) kommen nicht zu kurz bei Afrikamera.

Der überraschende Dokumentarfilm »Indochine sur les traces de ma mère« (Indochina auf den Spuren meiner Mutter) von Idrissou Mora Kpai aus Benin beleuchtet das Schicksal afro-vietnamesischer Soldatenkinder, geboren als Folge des Einsatzes schwarzafrikanischer Hilfstruppen auf französischer Seite im Indochina-Krieg. In dem ZDF-koproduzierten »Robert Mugabe - What Happened?« wird ein Kapitel kolonialer Abnabelung aufgearbeitet, das direkt in die post-koloniale Diktatur führte.

Und weil Afrikamera sich traditionell als Filmfest beider Afrikas versteht, des Kontinents südlich der Sahara wie auch der Länder Nordafrikas, feiert »Ici on noie les Algériens« (Hier werden Algerier ertränkt) von Yasmina Adi auch hier seine Berlin-Premiere: der Dokumentarfilm zu Präsident François Hollandes jüngster Entschuldigung für die hundertfachen Morde an algerischen Arbeitern im Paris des Jahres 1961.

13.-18.11., Kino Arsenal, Potsdamer Straße 2, Tel.: 26 95 51 00, Info www.afrikamera.de, Podiumsdiskussion: freier Eintritt.

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