Pressefreiheit in Gefahr

»Berliner Morgenpost« wehrt sich gegen Razzia

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Jetzt muss das Landgericht entscheiden, ob die Durchsuchung in der »Berliner Morgenpost« und der Privatwohnung des Chefreporters des Blatts am vergangenen Mittwoch rechtmäßig war. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten die Razzia durchgeführt, weil sie im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Polizisten des Landeskriminalamtes auch auf den Redakteur gestoßen waren. Der Vorwurf gegen den Journalisten lautet: Er stehe im Verdacht, den LKA-Beamten mit Geld bestochen zu haben, um an Informationen zu gelangen. Dabei soll es unter anderem um Informationen zur Rockerszene gehen. Der Polizist wiederum wird beschuldigt, eine geplante Razzia gegen Berliner Rockergruppierungen im Sommer an Medien »durchgestochen« zu haben.

Die »Berliner Morgenpost«, die zum Axel-Springer-Verlag gehört, hatte unmittelbar nach der Durchsuchung Beschwerde eingereicht. »Wir weisen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen einen unserer Redakteure klar zurück«, erklärte »Morgenpost«-Chefredakteur Carsten Erdmann. Die Durchsuchung der Redaktion sei »grob fahrlässig« und »rechtswidrig«. »Die Pressefreiheit und das Redaktionsgeheimnis sind grundrechtlich geschützt«, betonte Erdmann. Aufgrund der Brisanz war Erdmann zeitgleich zur Razzia persönlich von Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) via Handy über die Durchsuchung informiert worden.

Nach der Beschwerde der Zeitung ruht die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen, Datenträger und eines Handys. Das Nachrichtenmagazin »Spiegel« berichtete unterdessen, dass der Kriminalbeamte, gegen den seit dem Sommer wegen der Weiterleitung von Behördeninterna ermittelt werde, tatsächlich 3000 Euro von der »Berliner Morgenpost« erhalten habe. Bei diesem Betrag habe es sich jedoch nicht um Bestechung gehandelt, sondern um ein Honorar. Der Fahnder, ein enger Bekannter des Chefreporters, habe diesen bei einer gefährlichen Recherche im niederländischen Kinderhändler-Milieu als Personenschützer begleitet. Ermittlungen in diesem Bereich gelten als äußerst heikel. Laut »Berliner Morgenpost« wurde dieser Sachverhalt den durchsuchenden Beamten bereits bei der Razzia mitgeteilt und damit der Vorwurf der Bestechung entkräftet.

Massive Kritik an der Durchsuchung der Redaktion kommt auch von Journalistenverbänden. »Anscheinend ist die Berliner Polizei so sehr unter Druck, endlich einen ›Maulwurf‹ zu präsentieren und damit vielleicht auch von Fehlern in den eigenen Reihen abzulenken, dass sie vollkommen über das Ziel hinausschießt«, sagte die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) in ver.di, Cornelia Haß. Die Pressefreiheit und der Schutz des Redaktionsgeheimnisses seien unveräußerbare Rechtsgüter, so Haß, und die Durchsuchung angesichts dessen »vollkommen unverhältnismäßig«. So habe das Bundesverfassungsgericht 2007 auch nach der Durchsuchung der Redaktion des Magazins Cicero geurteilt.

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