An der Kletterwand

»Coriolanus« von Shakespeare am Deutschen Theater Berlin

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Man muss sich das Theater als ein gehetztes Wesen vorstellen. Gehetzt wird es von Goethe. Genauer: seiner Frage im »Vorspiel« zu »Faust«, wo der Theaterdirektor sich quält: »Wie machen wir's, dass alles frisch und neu und mit Bedeutung auch gefällig sei?« Neu, frisch, gefällig. Neu? - wo doch die meisten Stücke sehr alt sind. Frisch? - wo doch alles schon tausend mal gesagt und gezeigt worden ist. Gefällig? - wo das Theater doch aufrütteln und Geist wie Herz aufstören soll.

Also verwandelt das Theater Hamlet in einen Gebrauchtwarenhändler, lässt Schillers Räuber sich auf dem Mond austoben, verlegt den Kirschgarten auf eine Autobahnraststätte, und Woyzeck leidet, weil ihm gerade Hartz IV gestrichen wurde. Natürlich bietet sich auch an, Iphigenie in sieben Männer zu splitten, die sich voneinander unterscheiden, indem jeder Mann einen andersfarbigen Bikini trägt. Oder fünf Frauen spielen Coriolanus, Volumnia, Virgilia, Menenius, Aufi...


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