Justiz setzt noch nicht zur Landung an

Oberverwaltungsgericht verschiebt Entscheidung zu Flughafen Neuhardenberg und Ryanair

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Über 2400 Meter lang und auch schön breit ist die Start- und Landesbahn auf dem Flugplatz Neuhardenberg. Hier könnten Boeing 737-800 aus der Flotte der irischen Billigfluggesellschaft Ryan-air bequem aufsetzen. Aber das brandenburgische Landesverkehrsamt verweigerte die notwendige Genehmigung. Der Airport-Betreiber, eine GmbH, klagte dagegen. Gestern um 9 Uhr begann die mündliche Verhandlung vor dem in der Bundeshauptstadt ansässigen Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Nach einiger Zeit wurde das Verfahren ausgesetzt. Man einigte sich, eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandort abzuwarten Die Passagiermaschinen von Ryanair wiegen beim Start etwa 80 Tonnen. Das ist eigentlich kein Problem. Immerhin hoben in Neuhardenberg zu DDR-Zeiten etwa zweimal im Monat 165 Tonnen schwere Iljuschins ab - neben den MiGs eines NVA-Jagdgeschwaders und den Tupolew 134, die dort täglich starteten und landeten. Als die Bundeswehr Einzug hielt, setzten auf der Piste dann auch Airbusse auf, die 164 Tonnen wogen. Erst ab 1993 war das nicht mehr erlaubt. Seitdem dürfen nur noch Flugzeuge bis 40 Tonnen einschweben. Die meisten Maschinen, die derzeit in Neuhardenberg aufsetzen, wiegen nicht einmal zwei Tonnen. Ryanair wünscht bis 2012 pro Tag 38 Starts im Sommer und 24 im Winter. Dafür müsste nicht allzu viel gemacht werden. Nur die Piste ausbessern und ein Instrumenten-System installieren, damit Neuhardenberg nicht mehr auf Sicht angeflogen werden muss - das wäre von Nöten. Auch ein Terminal und Parkplätze müssten her. Ein Planfeststellungsverfahren braucht es dafür nicht, glauben Airport-Chef Dieter Vornhagen und sein Rechtsanwalt. In dieser Frage sind sie sich sogar mit dem Landesverkehrsamt einig. Auseinander gehen die Meinungen darüber, ob die beantragte Genehmigung in Einklang mit dem Landesentwicklungsplan Flughafenstandort steht. Im Klartext geht es darum, ob Neuhardenberg eine vom Staat ungewollte Konkurrenz für den geplanten Großflughafen Schönefeld darstellt. Während sich die Anwohner in Schönefeld gegen den Ausbau wehren, wünschen sich die Neuhardenberger den anderswo gefürchteten Fluglärm gradezu. Eine Bürgeraktion »Pro Flughafen« sammelte 13 000 Unterschriften. In der Aktion engagiert ist auch Bürgermeister Mario Eska (Linkspartei), der mit einigen Mitstreitern die gestrige Verhandlung verfolgte. Bei einer Arbeitslosigkeit von über 30 Prozent sind die erhofften 550 Jobs kein Pappenstiel. Gerichtspräsident Jürgen Kipp kann verstehen, dass den Leuten das Thema »auf den Nägeln brennt«. Zumal Kipp die »Erfolgsgeschichte« von Ryanair bekannt ist. Wenn Neuhardenberg die gewünschte Genehmigung erhalte, »dann wird das klappen«. Umso schlimmer die Verzögerung durch die kürzlich erfolgte Fusion der Oberverwaltungsgerichte von Berlin und Brandenburg. Das alte Oberverwaltungsgericht in Frankfurt (Oder) hatte sich schon am 8. Juni mit der Sache befasst, ohne jedoch zu einer Entscheidung zu kommen. Aufregung verursachte damals die Ansicht der Richter, es sei wohl ein Planfeststellungsverfahren notwenig. So ein Verfahren zieht sich hin. Verständlich, dass die Zuschauer um Mario Eska aufatmeten, als Präsident Kipp durchblicken ließ, man beurteile dies anders. Auf jeden Fall dauert es jetzt noch, bis ein rechtskräftiges Urteil ergeht. Airport-Chef Vornhagen versichert, die Iren seien nach wie vor interessiert. Man habe kein Ultimatum gestellt. Demnächst soll es ein Treffen in London geben. Die Bürgeraktion setzt auf eine außergerichtliche Klärung. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) soll den Kurs wechsel...

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