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Die falsche Romantik vom idyllischen Bauernhof

Letztmalig präsentiert sich Brandenburg im Markthallenstil auf der Grünen Woche

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Es grünt wieder so grün, wenn am 18. Januar die Internationale Agrarleistungsschau am Berliner Funkturm ihre Tore öffnet. Die in Halle 21a angesiedelte Brandenburg-Schau ist der rot-roten Landesregierung auch diesmal wieder 640 000 Euro wert.

Wer heute die Verpackungen von Eiern, Milch oder Käse betrachtet, der wird dabei nicht selten auf eine altväterliche Bauernhofidylle stoßen, die der Heidi-Kinderbuchwelt entlehnt zu sein scheint und so gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Übrigens auch nicht mit der Wirklichkeit auf den früheren Bauernhöfen, sagte gestern Landesbauernpräsident Udo Folgart, als er über Brandenburgs Angebot auf der Grünen Woche informierte. Damals möge die Vielfalt der Tiere auf den Höfen größer gewesen sein, aber das Bauerleben sei keineswegs so gewesen, »wie es heute idealisierend dargestellt wird«. Demzufolge sei es abwegig, alten und angeblich glücklichen Zeiten nachzutrauern. Auch habe sich in der Tierhaltung in den vergangenen Jahrzehnten eine Menge getan. Die früher üblicherweise im Stall angebundenen Kühe gebe es kaum noch. »Sie laufen herum, im Stall oder auf der Weide.«

Die Grüne Woche wird laut Folgart widerspiegeln, dass sich das Image der Landwirtschaft verbessert hat - was nicht zuletzt in höheren Lehrlingszahlen zum Ausdruck komme. Anziehend auch für junge Menschen sei die Gewissheit, gebraucht zu werden. Es werde heute auch nicht mehr für einen Eierberg oder einen Milchsee der Europäischen Gemeinschaft produziert.

Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) zeigte sich begeistert und voller Vorfreude. Er werde sich viel Zeit für den Besuch der Brandenburghalle nehmen. Zum 21. Mal präsentiere sich das Bundesland auf der Messe, seine Stände zählen zu den beliebtesten bei der Grünen Woche. Mit rund 50 000 Besuchern täglich sei in der Halle zu rechnen, die über 200 Aussteller dort werden also allerhand zu tun haben. Von Anfang an dabei gewesen seien etwa die Brennerei Sellendorf und die Jüterboger Konservenfabrik. In diesem Jahr neu hinzustoßen werde eine mobile Räucherei aus Hennigsdorf, die geräucherten Knoblauch anbiete.

Ein »Gläsernes Kochstudio« präsentiert die Vermarktungsgesellschaft »pro agro«, die auch jene 190 bäuerlichen Ferienziele in vorstellt, welche sich bisher für die diesjährige Landpartie angemeldet haben. »Sie sind zumeist ganzjährig zu besuchen«, sagte Geschäftsführer Gerd Lehmann. Am 21. Januar wird Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zum Kochlöffel greifen und im »Gläsernen Kochstudio« ein Gericht zubereiten, um das noch ein Geheimnis gemacht wird. Mit Kochschürze ihr Können zeigen sollen auch Ruder-Olympiasiegerin Katrin Boron, der Schauspieler Gojko Mitic und die Sängerin Angelika Mann. Letztmalig wird die Brandenburghalle in Form der traditionellen Markthalle gestaltet, ab kommendem Jahr soll der Auftritt bei der Grünen Woche anders erfolgen.

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