Der Aufsichtsrat kassierte 14 100 Euro

Ob Experten aus der Wirtschaft die Flughafengesellschaft besser kontrollieren, steht in Frage

Er sollte Flughafenchef Rainer Schwarz und seinen Kollegen auf die Finger sehen und dabei selbstverständlich auch den Bau des neuen Hauptstadtairports »Willy Brandt« in Schönefeld im Auge behalten: der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft. Im Idealfall hätte das Gremium auch die erneute Verschiebung des Eröffnungstermins verhindert. Aber das ist ihm bekanntlich nicht gelungen.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) etwa erhielt für seine Tätigkeit im Aufsichtsrat im Zeitraum Januar bis September vergangenen Jahres 2048 Euro Aufwandsentschädigung. Diese Zahl steht in einer Auflistung seiner Nebeneinkünfte. Die Linksfraktion im Landtag hat nämlich jetzt die Nebeneinkünfte aller Landtagsabgeordneten freiwillig im Internet veröffentlicht. Christoffers ist auch Abgeordneter und als Wirtschaftsminister automatisch Aufsichtsratsmitglied. Im Jahr zuvor verausgabte die Flughafengesellschaft für den Aufsichtsrat insgesamt 14 100 Euro. Das geht aus dem Geschäftsbericht für 2011 hervor. Flughafenchef Schwarz allein erhielt in dieser Zeit übrigens 355 000 Euro, davon 37 000 »erfolgsabhängig«, plus 178 000 Euro Altersvorsorge und 22 000 Euro sonstige Bezüge.

Dem Aufsichtsrat gehören 15 Persönlichkeiten an, darunter für das Land Berlin der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) sowie Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof und für das Land Brandenburg neben Christoffers auch noch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Finanzminister Helmuth Markov (LINKE). Doch damit nicht genug. Der Bund entsandte die Staatssekretäre Rainer Bomba (Verkehrsministerium) und Werner Gatzer (Finanzministerium). Hinzu kommen Vertreter der Beschäftigten, etwa ein Sekretär der Gewerkschaft ver.di und drei Betriebsratsmitglieder.

Wie bereits bei früheren Verschiebungen des Eröffnungstermins ist auch jetzt wieder von verschiedenen Seiten die Ansicht zu hören, dass zu viele Politiker im Aufsichtsrat sitzen und Sachverständige dort besser aufgehoben wären, Experten aus der Wirtschaft zum Beispiel. So sprach sich die Bundestagsabgeordnete Claudia Winterstein (FDP) dagegen aus, dass Wowereit den Vorsitz im Aufsichtsrat an seinen bisherigen Stellvertreter Platzeck abgibt. Sie sagte: »Beifahrer und Fahrer wollen hier nur den Sitz wechseln und dann im selben Auto weiterfahren. Statt Platzeck muss ein ausgewiesener Fachmann ans Steuer. Fraktionskollege Otto Fricke verlangte, den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden zu entpolitisieren. Für Grünen-Landtagsfraktionschef Axel Vogel ist nicht erkennbar, was Platzeck als Vorsitzender besser machen könnte, was er nicht schon als Vizevorsitzender hätte leisten können. Vogel meinte, nach der mittlerweile vierten Terminverschiebung hätte der gesamte Aufsichtsrat zurücktreten müssen. Der Vorsitzende sollte ein ausgewiesener Fachmann sein.

Freilich hat das Unternehmertum jetzt schon ein Bein in der Tür, oder vielmehr vier Beine. Denn schließlich sitzen im Aufsichtsrat Günther Troppmann, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kreditbank AG, und Michael Zehden, Geschäftsführer der A-Z Hotelmanagement und Beratungs GmbH & Co. KG. Das Übergewicht der Politiker erklärt sich dadurch, dass der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg die Eigentümer der Flughafengesellschaft sind. Der Staat zahlt die Zeche, also muss er auch kontrollieren dürfen. So in etwa denkt auch der Berliner SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß. Dafür, dass private Unternehmen Großbauten keineswegs besser stemmen als der Staat, hat Ministerpräsident Platzeck ein Beispiel parat: Die Hamburger Elbphilharmonie, mit der sich Hochtief herumschlug, also der Baukonzern, der ursprünglich den Großflughafen in Schönefeld errichten sollte.
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal