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Keine Behandlung bei fehlender Versichertenkarte
Wer beim Arztbesuch seine Krankenversichertenkarte nicht vorlegen kann, hat in der Regel kein Anrecht auf eine Behandlung. Mit diesem Urteil sprach kürzlich das Berufsgericht für Heilberufe beim Frankfurter Verwaltungsgericht einen Mediziner vom Vorwurf des Berufsvergehens frei. Er hatte die Behandlung einer Patientin verweigert, weil diese ohne Versichertenkarte in seine Praxis gebracht worden war. Der Arzt war von einem Kollegen gebeten worden, bei einer bettlägerigen Frau eine neurologische Untersuchung (EEG) zu erstellen, weil seine Praxis besser erreichbar ist. Zum vereinbarten Termin lag jedoch weder die Versichertenkarte der Frau vor noch war deren Gültigkeitsdatum auf dem Überweisungsschein vermerkt. Das Gericht hielt es für zulässig, dass der Arzt daraufhin die Behandlung ablehnte. Nachgereicht werden könne die Karte nur in dringenden Fällen - und ein solcher habe nicht vorgelegen.
Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichts - Az.: 21 BG 1565/ 05)
Hausarzt erkennt Röteln
bei schwangerer Frau nicht
Der Frau war es ohnehin schon mulmig zumute und jetzt plagte sie auch noch dieser Hautausschlag! Der Hausarzt konnte nicht helfen. Zuerst nahm er eine allergische Reaktion auf ein Medikament an und verschrieb immer wieder andere Mittel. Keines half. Inzwischen hatte die junge Frau gemerkt, dass sie schwanger war und das dem Hausarzt mitgeteilt. Der schrieb nach drei Wochen einen Bericht für den medizinischen Dienst, in dem er von einem »Ekzem unklarer Genese« sprach. Unklar blieb der »Ausschlag«, bis endlich der Frauenarzt einen Rötelntest machen ließ. Der fiel eindeutig aus. Das Kind kam geistig und körperlich behindert zur Welt - typische Folgeerscheinungen einer Rötelnerkrankung der Mutter während der Schwangerschaft. Die Frau wollte den Hausarzt zur Verantwortung ziehen: Wenn er die Röteln erkannt hätte, dann hätte sie sicherlich abgetrieben, um kein missgebildetes Kind zu bekommen. Deshalb sollte der Hausarzt Unterhalt für das Kind zahlen.
Der Bundesgerichtshof wies ihre Klage ab. Die Frau habe den Hausarzt wegen eines Hautausschlags aufgesucht. Bei der Behandlung sei es darum und nicht um die Schwangerschaft gegangen. Deshalb sei auch nur der Ausschlag Gegenstand des Behandlungsvertrags. Wenn die Frau später nebenbei erwähne, dass sie schwanger sei, ändere sich dadurch der Inhalt des Behandlungsvertrags nicht. Schon gar nicht gehöre es zu den Pflichten des Hausarztes, die Geburt eines Kindes zu verhindern. Die Schwangerschaft zu begleiten und abzuklären, ob eine Abtreibung angeraten sei, falle in den Zuständigkeitsbereich des Frauenarztes.
Urteil des Bundesgerichtshofs - VI ZR 196/03
Kein Zusatzjob im
»Unternehmen Arztpraxis«
Die Internetwerbung war an das »Unternehmen Arztpraxis« gerichtet. Als »richtiger Partner für Sie auf dem Weg in die Zukunft« wollte ein Hersteller von Diät- und Ernährungsprodukten niedergelassene Ärzte dafür gewinnen, in ihrer Praxis als »kompetente Berater« für Abmagerungskuren und gesunde Ernährung aufzutreten. Das sei mit der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit durchaus vereinbar, so der Werbetext. Auch mit Tipps zu steuerrechtlichen Aspekten des »Zusatzjobs« sparte der Produzent nicht.
Das rief eine Wettbewerbshüterin auf den Plan, die dem Unternehmer vorhielt, er verleite Mediziner dazu, gegen das Berufsrecht zu verstoßen. So sah es auch das Oberlandesgericht Frankfurt, das die Werbung verbot. Gewerbliche Tätigkeit außerhalb des Praxisbetriebs sei Medizinern nicht generell verboten. Ein niedergelassener Arzt dürfe jedoch das besondere Vertrauen in seinen Beruf nicht dazu missbrauchen, aus rein geschäftlichen Motiven in der Praxis Produkte zu vertreiben, die zur Behandlung der Patienten nicht notwendig seien.
Dies verletze die ärztliche Berufsordnung selbst dann, wenn der Mediziner die gewerbliche Diät- und Ernährungsberatung außerhalb der Sprechstundenzeiten abhalten würde. Darüber hinaus stelle Verkaufsberatung unlauteren Wettbewerb dar: Wenn viele Mediziner ihr Ansehen als Arzt ausnutzten, um Diät-Produkte zu empfehlen, könnte das die Konkurrenz auf dem einschlägigen Markt verfälschen. Genau dazu stifte der Diätprodukte- Hersteller die Ärzte (durch Werbeschreiben und Internetauftritte) bisher erfolgreich an. Nun wird sich das Unternehmen ein neues Werbekonzept einfallen lassen müssen.
Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - Az.: 6 U 111/04
Patientin schriftliche
Diagnose verweigert
Die alte Dame hatte es nicht leicht: Mit ihren 88 Jahren sah sie nicht nur immer schlechter, sie war auch fast taub. Außerdem machten ihr Kreislauf und Herz arg zu schaffen. Eines Tages schickte sie ihr Hausarzt zum Augenarzt. Was der sagte, war für sie aber nicht zu verstehen. Deshalb bat sie ihn um einen schriftlichen Befund. Der Arzt weigerte sich jedoch, ihr etwas Schriftliches zu geben.
So ging die Seniorin vors Amtsgericht und beantragte, die Justiz solle den Arzt zur Herausgabe eines Berichts verdonnern. Doch das Amtsgericht wies sie ab. Ihre Beschwerde vor dem Landgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg: Dass ohne den Befund ein irreparabler Schaden drohe, habe die Patientin nicht dargelegt, hieß es. Jetzt reichte es der Frau: Machten denn alle mit ihr, was sie wollten?! Sie erhob Verfassungsbeschwerde.
Amtsgericht und Landgericht hätten in krasser Weise die Rechtslage verkannt, stellte das Bundesverfassungsgericht fest. Ärzte hätten die Pflicht, den Patienten über Verlauf und Behandlung der Krankheit aufzuklären. Wenn das mündlich nicht möglich sei, müsse das eben schriftlich getan werden. Sonst werde der Patient zum bloßen Objekt der Untersuchung degradiert, das verstoße gegen die Würde des Patienten und sein Recht auf Selbstbestimmung. Das Argument, die Seniorin habe keine konkrete Gefahr für ihre Gesundheit benennen können, überzeuge nicht. Gerade deshalb bestehe die Patientin ja auf dem Befund, weil sie herausfinden wolle, ob Gefahr drohe. Das Landgericht musste die Sache nun erneut behandeln.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - Az.:1 BvR 2315/ 04
Keine Information über
alternative Behandlung
Die Patientin hatte sich das rechte Handgelenk gebrochen. Nach der Erstversorgung im Krankenhaus setzte ein Arzt die konservative Behandlung fort. Der Bruch »kippte ab«, sprich: er verheilte in Fehlstellung. Das Handgelenk war nur noch eingeschränkt beweglich. Die Patientin warf dem Arzt vor, sie weder auf die Gefahr von Komplikationen, noch auf alternative Möglichkeiten der Behandlung hingewiesen zu haben. Sie verlangte Schmerzensgeld, doch ihre Klage wurde zunächst abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof rügte das Urteil der Vorinstanz und schickte die Akten zurück. Zwar sei die Wahl der Behandlungsmethode grundsätzlich Sache des Arztes, stellten die Bundesrichter fest. Wenn es jedoch mehrere medizinisch gleichermaßen angezeigte und erprobte Behandlungsmethoden gibt, die in unterschiedlicher Weise riskant seien, müsse der Arzt den Patienten darüber gründlich informieren. Nur dann sei der Patient in der Lage, die Risiken abzuwägen und selbst zu entscheiden. Spätestens als der Bruch »abknickte«, hätte der Arzt die Frau aufklären müssen. Da der Arzt die Behandlung nach eigenem Gutdünken fortsetzte, sei die Behandlung rechtswidrig. Der Arzt müsse deshalb für den Schaden einstehen.
Wichtig für die Praxis sind auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Beweisfrage: Lege der Patient nachvollziehbar dar, dass er bei eingehender Beratung zumindest vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte, sei es Sache des Arztes, das Gegenteil zu beweisen - nämlich dass sich der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zur durchgeführten Behandlung entschlossen hätte. Gelinge ihm dies, hafte er für den Schaden nicht.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. März 2005 - Az.: VI ZR 313/03
Durch Bluttransfusion
mit HIV infiziert
1985 verunglückte ein Motorradfahrer. Im Krankenhaus erhielt er Bluttransfusionen von Spendern und mehrere aus Blutspenden hergestellte Produkte. Nach drei Monaten wurde er entlassen, musste aber noch mehrmals in der gleichen Klinik stationär behandelt werden. Zwölf Jahre nach dem Unfall, also 1997, wurde festgestellt, dass der Mann HIV-infiziert war. In der Zwischenzeit hatte er auch seine Frau angesteckt.
Sichere Testverfahren zur Feststellung des Virus in Blutprodukten standen im Sommer 1985 noch nicht zur Verfügung. Eine Klage des Verunglückten gegen den Hersteller war deshalb aussichtslos. Seine Ehefrau verlangte vom Träger der Klinik 250000 DM ( 127823 Euro) Schmerzensgeld. Sie warf den Klinikärzten vor, ihren Mann nicht über die Gefahr einer HIV-Infektion durch Blutprodukte und Bluttransfusionen informiert und zu einem Test geraten zu haben. Die Mediziner seien daher verantwortlich für ihre Infektion. Erst beim Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich die Frau durch. Da die Eheleute zu keiner HIV-gefährdeten Risikogruppe gehörten, spreche die Lebenserfahrung dafür, die verabreichten Blutprodukte als Infektionsquelle anzusehen. Ziemlich sicher stehe fest, dass das verabreichte Blutprodukt HIV-kontaminiert war. Das Risiko von Infektionen durch Transfusionen und Blutprodukte sei 1985 bereits bekannt gewesen.
Da der Patient bewusstlos eingeliefert worden sei, habe man ihn nicht vorher über das Risiko aufklären können. Die behandelnden Ärzte hätten den Patienten aber im Nachhinein informieren und einen HIV-Test empfehlen müssen. Da er fortlaufend im gleichen Krankenhaus behandelt wurde und die Mediziner über seine Krankenunterlagen von 1985 verfügten, wäre dies ohne weiteres möglich gewesen. So hätte man die Gefahr der Übertragung des Virus auf weitere Personen verringern können.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/ 04
Ohne Aufklärung ist
die Operation rechtswidrig
Drängt ein Patient den Arzt zu einer Operation, muss er dennoch zuvor vom Arzt umfassend über Risiken aufgeklärt werden. So ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Unterlässt der Arzt die Aufklärung, dann gilt die Operation als rechtswidrig.
Das Gericht gab mit seinem Urteil der Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage der Angehörigen einer gestorbenen Patientin statt. Der Hausarzt hatte die Frau auf deren Drängen hin in ein Krankenhaus eingewiesen, damit ihr dort ein spezieller Blasenkatheter gelegt werden konnte. Der Eingriff brachte nicht den gewünschten Erfolg, so dass ein zweiter Urologe einen neuen Katheter legen musste. In der Folgezeit kam es zu einer Bauchfellentzündung, an deren Folgen die Frau starb. Unklar blieb, welcher der beiden Eingriffe die Entzündung verursacht hatte. Das OLG kam zu dem Ergebnis, da beide Eingriffe rechtswidrig gewesen seien, müssten auch beide Ärzte haften. Denn die Patientin sei vor beiden Eingriffen nicht auf deren Risiken hingewiesen worden. Daher sei ihre Zustimmung zu den Operationen unwirksam. Als unerheblich werteten die Richter, dass die Patientin auf den operativen Eingriff gedrängt hatte.
Urteil des ...
Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichts - Az.: 21 BG 1565/ 05)
Hausarzt erkennt Röteln
bei schwangerer Frau nicht
Der Frau war es ohnehin schon mulmig zumute und jetzt plagte sie auch noch dieser Hautausschlag! Der Hausarzt konnte nicht helfen. Zuerst nahm er eine allergische Reaktion auf ein Medikament an und verschrieb immer wieder andere Mittel. Keines half. Inzwischen hatte die junge Frau gemerkt, dass sie schwanger war und das dem Hausarzt mitgeteilt. Der schrieb nach drei Wochen einen Bericht für den medizinischen Dienst, in dem er von einem »Ekzem unklarer Genese« sprach. Unklar blieb der »Ausschlag«, bis endlich der Frauenarzt einen Rötelntest machen ließ. Der fiel eindeutig aus. Das Kind kam geistig und körperlich behindert zur Welt - typische Folgeerscheinungen einer Rötelnerkrankung der Mutter während der Schwangerschaft. Die Frau wollte den Hausarzt zur Verantwortung ziehen: Wenn er die Röteln erkannt hätte, dann hätte sie sicherlich abgetrieben, um kein missgebildetes Kind zu bekommen. Deshalb sollte der Hausarzt Unterhalt für das Kind zahlen.
Der Bundesgerichtshof wies ihre Klage ab. Die Frau habe den Hausarzt wegen eines Hautausschlags aufgesucht. Bei der Behandlung sei es darum und nicht um die Schwangerschaft gegangen. Deshalb sei auch nur der Ausschlag Gegenstand des Behandlungsvertrags. Wenn die Frau später nebenbei erwähne, dass sie schwanger sei, ändere sich dadurch der Inhalt des Behandlungsvertrags nicht. Schon gar nicht gehöre es zu den Pflichten des Hausarztes, die Geburt eines Kindes zu verhindern. Die Schwangerschaft zu begleiten und abzuklären, ob eine Abtreibung angeraten sei, falle in den Zuständigkeitsbereich des Frauenarztes.
Urteil des Bundesgerichtshofs - VI ZR 196/03
Kein Zusatzjob im
»Unternehmen Arztpraxis«
Die Internetwerbung war an das »Unternehmen Arztpraxis« gerichtet. Als »richtiger Partner für Sie auf dem Weg in die Zukunft« wollte ein Hersteller von Diät- und Ernährungsprodukten niedergelassene Ärzte dafür gewinnen, in ihrer Praxis als »kompetente Berater« für Abmagerungskuren und gesunde Ernährung aufzutreten. Das sei mit der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit durchaus vereinbar, so der Werbetext. Auch mit Tipps zu steuerrechtlichen Aspekten des »Zusatzjobs« sparte der Produzent nicht.
Das rief eine Wettbewerbshüterin auf den Plan, die dem Unternehmer vorhielt, er verleite Mediziner dazu, gegen das Berufsrecht zu verstoßen. So sah es auch das Oberlandesgericht Frankfurt, das die Werbung verbot. Gewerbliche Tätigkeit außerhalb des Praxisbetriebs sei Medizinern nicht generell verboten. Ein niedergelassener Arzt dürfe jedoch das besondere Vertrauen in seinen Beruf nicht dazu missbrauchen, aus rein geschäftlichen Motiven in der Praxis Produkte zu vertreiben, die zur Behandlung der Patienten nicht notwendig seien.
Dies verletze die ärztliche Berufsordnung selbst dann, wenn der Mediziner die gewerbliche Diät- und Ernährungsberatung außerhalb der Sprechstundenzeiten abhalten würde. Darüber hinaus stelle Verkaufsberatung unlauteren Wettbewerb dar: Wenn viele Mediziner ihr Ansehen als Arzt ausnutzten, um Diät-Produkte zu empfehlen, könnte das die Konkurrenz auf dem einschlägigen Markt verfälschen. Genau dazu stifte der Diätprodukte- Hersteller die Ärzte (durch Werbeschreiben und Internetauftritte) bisher erfolgreich an. Nun wird sich das Unternehmen ein neues Werbekonzept einfallen lassen müssen.
Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - Az.: 6 U 111/04
Patientin schriftliche
Diagnose verweigert
Die alte Dame hatte es nicht leicht: Mit ihren 88 Jahren sah sie nicht nur immer schlechter, sie war auch fast taub. Außerdem machten ihr Kreislauf und Herz arg zu schaffen. Eines Tages schickte sie ihr Hausarzt zum Augenarzt. Was der sagte, war für sie aber nicht zu verstehen. Deshalb bat sie ihn um einen schriftlichen Befund. Der Arzt weigerte sich jedoch, ihr etwas Schriftliches zu geben.
So ging die Seniorin vors Amtsgericht und beantragte, die Justiz solle den Arzt zur Herausgabe eines Berichts verdonnern. Doch das Amtsgericht wies sie ab. Ihre Beschwerde vor dem Landgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg: Dass ohne den Befund ein irreparabler Schaden drohe, habe die Patientin nicht dargelegt, hieß es. Jetzt reichte es der Frau: Machten denn alle mit ihr, was sie wollten?! Sie erhob Verfassungsbeschwerde.
Amtsgericht und Landgericht hätten in krasser Weise die Rechtslage verkannt, stellte das Bundesverfassungsgericht fest. Ärzte hätten die Pflicht, den Patienten über Verlauf und Behandlung der Krankheit aufzuklären. Wenn das mündlich nicht möglich sei, müsse das eben schriftlich getan werden. Sonst werde der Patient zum bloßen Objekt der Untersuchung degradiert, das verstoße gegen die Würde des Patienten und sein Recht auf Selbstbestimmung. Das Argument, die Seniorin habe keine konkrete Gefahr für ihre Gesundheit benennen können, überzeuge nicht. Gerade deshalb bestehe die Patientin ja auf dem Befund, weil sie herausfinden wolle, ob Gefahr drohe. Das Landgericht musste die Sache nun erneut behandeln.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - Az.:1 BvR 2315/ 04
Keine Information über
alternative Behandlung
Die Patientin hatte sich das rechte Handgelenk gebrochen. Nach der Erstversorgung im Krankenhaus setzte ein Arzt die konservative Behandlung fort. Der Bruch »kippte ab«, sprich: er verheilte in Fehlstellung. Das Handgelenk war nur noch eingeschränkt beweglich. Die Patientin warf dem Arzt vor, sie weder auf die Gefahr von Komplikationen, noch auf alternative Möglichkeiten der Behandlung hingewiesen zu haben. Sie verlangte Schmerzensgeld, doch ihre Klage wurde zunächst abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof rügte das Urteil der Vorinstanz und schickte die Akten zurück. Zwar sei die Wahl der Behandlungsmethode grundsätzlich Sache des Arztes, stellten die Bundesrichter fest. Wenn es jedoch mehrere medizinisch gleichermaßen angezeigte und erprobte Behandlungsmethoden gibt, die in unterschiedlicher Weise riskant seien, müsse der Arzt den Patienten darüber gründlich informieren. Nur dann sei der Patient in der Lage, die Risiken abzuwägen und selbst zu entscheiden. Spätestens als der Bruch »abknickte«, hätte der Arzt die Frau aufklären müssen. Da der Arzt die Behandlung nach eigenem Gutdünken fortsetzte, sei die Behandlung rechtswidrig. Der Arzt müsse deshalb für den Schaden einstehen.
Wichtig für die Praxis sind auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Beweisfrage: Lege der Patient nachvollziehbar dar, dass er bei eingehender Beratung zumindest vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte, sei es Sache des Arztes, das Gegenteil zu beweisen - nämlich dass sich der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zur durchgeführten Behandlung entschlossen hätte. Gelinge ihm dies, hafte er für den Schaden nicht.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. März 2005 - Az.: VI ZR 313/03
Durch Bluttransfusion
mit HIV infiziert
1985 verunglückte ein Motorradfahrer. Im Krankenhaus erhielt er Bluttransfusionen von Spendern und mehrere aus Blutspenden hergestellte Produkte. Nach drei Monaten wurde er entlassen, musste aber noch mehrmals in der gleichen Klinik stationär behandelt werden. Zwölf Jahre nach dem Unfall, also 1997, wurde festgestellt, dass der Mann HIV-infiziert war. In der Zwischenzeit hatte er auch seine Frau angesteckt.
Sichere Testverfahren zur Feststellung des Virus in Blutprodukten standen im Sommer 1985 noch nicht zur Verfügung. Eine Klage des Verunglückten gegen den Hersteller war deshalb aussichtslos. Seine Ehefrau verlangte vom Träger der Klinik 250000 DM ( 127823 Euro) Schmerzensgeld. Sie warf den Klinikärzten vor, ihren Mann nicht über die Gefahr einer HIV-Infektion durch Blutprodukte und Bluttransfusionen informiert und zu einem Test geraten zu haben. Die Mediziner seien daher verantwortlich für ihre Infektion. Erst beim Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich die Frau durch. Da die Eheleute zu keiner HIV-gefährdeten Risikogruppe gehörten, spreche die Lebenserfahrung dafür, die verabreichten Blutprodukte als Infektionsquelle anzusehen. Ziemlich sicher stehe fest, dass das verabreichte Blutprodukt HIV-kontaminiert war. Das Risiko von Infektionen durch Transfusionen und Blutprodukte sei 1985 bereits bekannt gewesen.
Da der Patient bewusstlos eingeliefert worden sei, habe man ihn nicht vorher über das Risiko aufklären können. Die behandelnden Ärzte hätten den Patienten aber im Nachhinein informieren und einen HIV-Test empfehlen müssen. Da er fortlaufend im gleichen Krankenhaus behandelt wurde und die Mediziner über seine Krankenunterlagen von 1985 verfügten, wäre dies ohne weiteres möglich gewesen. So hätte man die Gefahr der Übertragung des Virus auf weitere Personen verringern können.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/ 04
Ohne Aufklärung ist
die Operation rechtswidrig
Drängt ein Patient den Arzt zu einer Operation, muss er dennoch zuvor vom Arzt umfassend über Risiken aufgeklärt werden. So ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Unterlässt der Arzt die Aufklärung, dann gilt die Operation als rechtswidrig.
Das Gericht gab mit seinem Urteil der Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage der Angehörigen einer gestorbenen Patientin statt. Der Hausarzt hatte die Frau auf deren Drängen hin in ein Krankenhaus eingewiesen, damit ihr dort ein spezieller Blasenkatheter gelegt werden konnte. Der Eingriff brachte nicht den gewünschten Erfolg, so dass ein zweiter Urologe einen neuen Katheter legen musste. In der Folgezeit kam es zu einer Bauchfellentzündung, an deren Folgen die Frau starb. Unklar blieb, welcher der beiden Eingriffe die Entzündung verursacht hatte. Das OLG kam zu dem Ergebnis, da beide Eingriffe rechtswidrig gewesen seien, müssten auch beide Ärzte haften. Denn die Patientin sei vor beiden Eingriffen nicht auf deren Risiken hingewiesen worden. Daher sei ihre Zustimmung zu den Operationen unwirksam. Als unerheblich werteten die Richter, dass die Patientin auf den operativen Eingriff gedrängt hatte.
Urteil des ...
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