Tresor gerammt

Drei Jahre Haft für vorbestraften Täter

  • Lesedauer: 3 Min.
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen

Es ist eine Modekriminalität geworden: Die Täter rammen mit einem Fahrzeug Geldautomaten, reißen sie aus der Verankerung und versuchen sie dann abzutransportieren. So auch am 5. November gegen 3 Uhr am S-Bahnhof Heerstraße. Mindestens vier maskierte Gangster waren am Werk. Als sie den abgebrochenen Tresor mit einem weiteren Fahrzeug abtransportieren wollten, war die Polizei zur Stelle. Die Räuber flüchteten über die Gleise, doch der 25-jährige Ahmad A. wurde erwischt. Er wehrte sich mit Reizgas und Fäusten. Vergeblich, die Polizei war stärker. Seitdem sitzt er in Haft, Ahmad A. weigert sich, seine Komplizen zu nennen.

Gestern stand er für den erfolglosen Bruch vor Gericht. Er gesteht die Tat. Danach will er an jenem Tage um Mitternacht von »einer Person« geweckt worden sein - mit dem Angebot, 100 Euro zu verdienen. Er sollte nur Schmiere stehen. Er machte mit, die Aktion ging in die Hose. Doch der angerichtete Schaden ist erheblich: rund 30 000 Euro.

Auch jetzt weigert er sich, seine Mittäter zu nennen. Wahrscheinlich, weil einer von ihnen im Saal als Zuhörer sitzt. Befürchtet er Repressalien gegen seine Eltern, bei denen er seit Jahren wohnt? Strafverschärfend darf das Schweigen zu den Kumpanen nicht bewertet werden. Würde er nicht vor Gericht stehen, hätte er am 1. Februar eine Arbeit als Bürokaufmann antreten können, der Arbeitsvertrag mit einem Bruttogehalt von 1800 Euro ist schon unterzeichnet. Eine gute Ausbildung hat er. Würde er seine Mittäter nennen, so wäre das zweifellos ein mildernder Umstand und eine Bewährungsstrafe käme in den Bereich des Möglichen. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass Ahmad A. schon einschlägig vorbestraft ist. Und das nicht nur einmal.

Für das Gericht, eine Richterin und zwei Schöffen, eine schwere Entscheidung. Urteilt es milde und Ahmad A. kommt zur Bewährung auf freien Fuß, so kann er am Montag seine Arbeit antreten. Dann ist die Chance der Sozialisierung recht groß. Muss er in den Knast, dann steht einer weiteren kriminellen Karriere nichts mehr im Wege.

Die Staatsanwaltschaft forderte drei Jahre und zwei Monate für die Gewalttat, die Verteidigung elf Monate und Aufhebung des Haftbefehls. Das Amtsgericht entschied: Ahmad A. muss für drei Jahre hinter Gitter, der Haftbefehl bleibt fortbestehen. Eine zu milde Strafe wäre einer Einladung für die Komplizen gleichgekommen, die ja noch in Freiheit sind, es noch einmal zu versuchen. Insofern eine klare Ansage gegen weitere Versuche, sich auf diese Art zu bereichern. Die Automatenknacker haben unter dem Strich schlechte Karten: Von den fast 20 Versuchen im letzten Jahr in Berlin gingen die meisten schief. Und am Ende weiß man nie, wie viel eigentlich drin ist. Ein schlechtes Geschäft.

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