Platzverweis für einen Scherz

Berliner Verwaltungsgericht mit Kassensturz für 2012

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer mit einer Entscheidung einer Behörde - ob Bürger, Partei oder Verein - nicht einverstanden ist, der landet beim Verwaltungsgericht. Das hat jetzt vorgelegt, womit es sich im letzten Jahr herumgeschlagen hat und welche Entscheidungen 2013 anstehen.

16 166 Verfahren landeten 2012 auf dem Tisch der Verwaltungsrichter, 15 383 Mal wurde ein Urteil gefällt. Damit ist der Berg der unerledigten Vorgänge auf 11 350 Verfahren wieder leicht angewachsen. Die »Auftragslage« bei Klagen und Urteilen blieb damit in den letzten Jahren konstant. Das Gleiche gilt auch für die Dauer vom Eingang einer Klage bis zu einer Entscheidung. Mit gut zehn Monaten muss ein Kläger rechnen, bis es zu einem Urteil kommt. 2007 musste er noch 1,5 Jahre warten.

Stark angestiegen sind Klagen beim Asylrecht, 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Es sind vor allem Roma aus Serbien und Bosnien-Herzegowina, die in ihrer Heimat diskriminiert und ausgegrenzt werden und nun in Berlin Schutz suchen.

Deutlich angestiegen sind die Klagen von Angestellten oder Beamten, die gegen ihre Dienstherren ins Feld ziehen. Dagegen blieb trotz der Doppeljahrgänge der erwartete Ansturm der Klagen gegen Studienablehnungen aus.

Das Jahr 2013 hält einige interessante Entscheidungen bereit. So hat eine Polizeiaktion zur Walpurgisnacht 2011 rund um den Boxhagener Platz ein gerichtliches Nachspiel. Ein alternativer Stadtteilladen klagt gegen die repressiven Polizeimaßnahmen. Auch ein polizeilicher Platzverweis 2011 wird das Verwaltungsgericht beschäftigen. Bei einer Demonstration »Für die Wiedereinsetzung Karl-Theodor zu Guttenbergs als Verteidigungsminister« schickten die Ordnungshüter mutmaßliche »Guttenberg-Gegner« vom Platz. Erst später merkten sie, dass die Aktion nur eine Satire war.

Voraussichtlich im Herbst wird sich das Verwaltungsgericht mit der Klage eines Journalisten gegen das Bundeskanzleramt beschäftigen. Dabei geht es um Akten über Mordanschläge der RAF aus dem Jahre 1977. Die Regierung sieht bei Herausgabe der Unterlagen das Wohl der Bundesrepublik gefährdet.

Es klagen Eltern eines Schülers, der am »Welthumanistentag« am 21. Juni frei genommen hatte und dafür ein »unentschuldigt« verpasst bekam. Spielhallenbesitzer wollen die Änderung des Spielhallengesetzes, das den Abstand zwischen zwei Spielhallen von mindestens 500 Metern festlegt und die Betreibererlaubnisse 2016 enden lässt. Schwanenwerder will sein Territorium als »ruhiges Gebiet« ausweisen lassen, was Einfluss auf die künftigen Flugrouten haben dürfte. Weißensee will ein neues Windrad bauen, der Senat ist dagegen.

Schließlich stehen zwei denkmalsrechtliche Entscheidungen an. Der Eigentümer eines Hauses an der East-Side-Gallery will seine Zufahrt auf Höhe des Ostbahnhofs verbreitern, der Denkmalsschutz ist dagegen. Ähnliches gilt für den Umbau des ehemaligen Postfuhramtes in der Oranienburger Straße. Umstritten auch, ob Berliner Apotheken mit 1-Euro-Wertgutscheinen auf Medikamente Kauflust der Patienten anregen dürfen.

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