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Wie in der Schlangengrube

Diepgen und Henkel über ihre Erfahrungen im Flughafenaufsichtsrat

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

So ein Flughafenuntersuchungsausschuss kann durchaus Unterhaltungswert besitzen. Etwa, wenn wie gestern mit Hans-Olaf Henkel und Eberhard Diepgen gleich zwei Ex-Aufsichtsratschefs über die Geschichte des Pannenprojekts referieren. Und natürlich jede Schuld von sich weisen. »Wenn sie Gründe für die Termin- und Kostenüberschreitungen in den Entscheidungen von damals suchen, dann sind sie auf dem Holzweg«, sagte Henkel an die Adresse des Ausschusses.

Henkel, der später BDI-Präsident wurde, war von 1994 bis 1996 Vorsitzender des Flughafen-Aufsichtsrates, ihm folgte der damalige Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU). Beide sollten vor allem die Standortentscheidung für Schönefeld erklären. Henkel sagte, er sei geholt worden, weil sich die Politiker nicht einigen konnten. »Der Aufsichtsrat war eine Schlangengrube«. Hätte es eine Probeabstimmung gegeben, hätten die meisten Mitglieder für Sperenberg plädiert. Der Ort war neben Jüterbog im Raumordnungsverfahren favorisiert worden, aber den Berlinern wegen der Entfernung nicht zu vermitteln gewesen, so Henkel. Deshalb überließ er die Entscheidung den Gesellschaftern Berlin, Brandenburg und dem Bund, die sich per Konsensbeschluss auf Schönefeld einigten.

Brandenburg drängte laut Diepgen auf einen größeren Flughafen in Sperenberg. Der Bund habe dagegen Rücksicht auf andere Großflughäfen wie Frankfurt und München nehmen wollen und wenig Interesse an einem ebenbürtigen Konkurrenten gehabt. Berlin sei es ebenso wie Potsdam um Arbeitsplätze gegangen. Ansonsten sei in der Stadt die Interessenlage nicht so eideutig gewesen, der Koalitionspartner SPD habe einen »gewissen Hang« für Sperenberg entwickelt, und er selber sei zunächst auch dafür gewesen. Als sich herausstellte, dass Potsdam die Anbindung des mehr als 40 Kilometer von Berlin entfernten Standorts nicht vorfinanzieren konnte, seien die Würfel mit dem Konsensbeschluss für Schönefeld gefallen.

Ob man damit den Naturschutz vor den Menschenschutz gesetzt hatte, stellte sich Diepgen selbst die Frage. Seine Antwort: Wenn die Natur abgeholzt ist, könne man nichts mehr machen. Aber beim Lärmschutz sei vieles möglich. »Für mich war klar, dass man hier nicht mit einer Minimierung der Kosten herangehen kann.« Und juristische Risiken hätte es in Sperenberg wegen der Naturschutzfragen ebenso gegeben wie in Schönefeld. Als Ursache für das Debakel machte Diepgen die nach seiner Amtszeit vollzogene Abkehr von einem durch private Investoren errichteten Flughafen aus.

Der Ausschussvorsitzende Martin Delius (Piraten) sieht in Diepgens Äußerungen Anlass zur Vermutung, »dass der Flughafen nach der gescheiterten Privatisierung und ohne privatwirtschaftliche Bauträgerschaft nicht rentabel werden wird«. Henkel kritisierte, dass die Verantwortung in der Geschäftsführung des Flughafens nicht klar verteilt gewesen sei, weil der kürzlich gefeuerte Chef Rainer Schwarz nur ihr Sprecher war. Sollte der einstige Chef des Frankfurter Flughafens, Wilhelm Bender, sein Nachfolger werden, hält ihn Henkel für den richtigen Mann. »Wenn es gelänge, den Herrn Bender dazu zu bewegen, noch mal etwas fürs Vaterland zu tun, dann hätten wir wirklich einen Riesenfortschritt gemacht.«

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