König des Nordens

Ein Willkommen dem Elch: Managementplan liegt im Entwurf vor

  • Gudrun Janicke und Marion van der Kraats, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Das imposante Tier ist meist nur schemenhaft auf verwackelten Fotos zu sehen. Eilig mit dem Handy geschossen, dokumentieren Spaziergänger oder Jäger die seltene Begegnung mit dem »König der nordischen Wälder«. Der Elch - meist zugewandert aus Polen oder Tschechien - lässt sich zunehmend in Brandenburg blicken. Vor allem im Herbst, wenn das Tier verstärkt auf Wanderung ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, einem Elch zu begegnen.

»Anders als das scheue Rehwild haben Elche die dumme Angewohnheit stehen zu bleiben«, sagt Diplombiologin Ina Martin. »Sie sehen die Gefahr eines Autos nicht.« Das ist eines mehrerer Probleme, die angesichts des verstärkten Aufkommens der Tiere ernst genommen werden müssen. Das Agrarministerium hat darum einen Elch-Managementplan in Auftrag gegeben. Nach einigen Verzögerungen liegt dieser nun im Entwurf vor.

»Wir wollten möglichst viele Verbände mit einbeziehen«, berichtet Martin von der Forschungsstelle Wildökologie und Jagdwirtschaft, die beim Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) angesiedelt ist. Neben Waldbesitzern gehörten Bauern, Naturschützer und Jäger zu den Beteiligten, aber auch ein Naturkundemuseum und das Straßenwesen. Anfang April, hofft Martin, sind die Ergebnisse für jedermann zugänglich.

Vor allem zwei Themengebiete stehen im Fokus des Managementplanes: Die Verkehrssicherheit sowie landwirtschaftliche und forstliche Schäden, die das bis zu drei Meter lange und 800 Kilogramm schwere Tier verursacht. »Wir wollen Vorkehrungen treffen«, sagt der Sprecher des Agrarministeriums, Jens-Uwe Schade. Es geht um den künftigen Umgang mit den Großsäugern - nicht die Ansiedlung oder Förderung des Elchwildes. Man hoffe auf Verständnis.

Allein seit 2010 hat Biologin Martin etwa 45 Sichtungen des Tieres registriert. Vor allem in der Uckermark sowie den Landkreisen Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Barnim tauchen sie auf. Seit Beginn der Beobachtungen in Brandenburg gab es der Expertin 173 Meldungen. Darunter fallen auch Funde von toten und erlegten Tiere. Vor 1990 war das Erlegen noch von der DDR-Gesetzgebung erlaubt. Heutzutage dürfen Elche ein Deutschland nicht geschossen werden, unterliegen einer ganzjährigen Schonzeit.

»Daraus ergeben sich Probleme - vor allem für Landwirtschaft und Forst«, so Martin. Etwa 16 000 Elche gibt es nach Schätzungen der polnischen Regierung in Polen. Viele von ihnen folgen uralten Spuren und damit über die Grenze in Brandenburg. Zwar gelten sie unter Experten hier noch nicht als heimisch, aber einige der Großsäugetiere halten sich bei ihrem Ausflug über Oder und Neiße länger in der Mark auf - manche rund eineinhalb Jahre, so Martin.

Da es sich bei Elchen um Schalenwild handelt, sind im Schadensfall Landesjagdgenossenschaften oder Pächter in der Pflicht. »Doch wegen der Schonzeit sind ihnen die Hände gebunden«, erklärt Martin. »Weil wir keinen Einfluss nehmen können, ist es umso wichtiger zu wissen, wie die Situation ist und wie sie sich entwickelt«, betont Wolfgang Bethe, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg.

Ein Monitoring soll darüber künftig Aufschluss geben. Ein Formular für alle Jagdreviere soll die Erfassung der Tiere erleichtern. Die Jäger drängen jedoch auf Entscheidungen: Mehr Schutz, so durch höhere Wildzäune, oder Erlaubnis zum Abschuss. »Wenn die Tiere aus Polen für die Population in ihrer Heimat nicht wichtig sind und sie hier nicht heimisch werden, ist nicht einzusehen, dass dies nicht möglich sein soll«, sagt Verbandschef Bethe. Aus seiner Sicht ist vor allem die Gefahr im Straßenverkehr zu groß.

Verkehrsunfälle mit Elchen hat es bereits mehrfach in Brandenburg gegeben - zuletzt Anfang September 2012 auf dem östlichen Berliner Ring A 10. Damals starb ein Elch, nachdem er angefahren worden war. Ein Autofahrer wurde bei dem Unfall verletzt. Im August 2000 verendete ein Elch nach einem Zusammenstoß mit einem Linienbus im Spreewald.

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