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Hickhack um Britanniens Teilung

Schottlands Regierungschef Alex Salmond kämpft mit Gegenwind

  • Ian King, London
  • Lesedauer: 3 Min.
David Cameron beschwört auf seiner Webseite die fünf Millionen Schotten, 2014 gegen die staatliche Unabhängigkeit zu stimmen. Schotten-Premier Alex Salmond sieht dadurch seinen Teilungsplan aufgewertet.

Der erfolgreichste Politiker nördlich des Tweed-Flusses freut sich diebisch. Je mehr sich der britische Premier David Cameron für den Zusammenhalt Schottlands und Englands einsetzt, desto größer die Chancen, dass Alex Salmonds Fahrplan zur Unabhängigkeit bis März 2016 in Erfüllung geht. Salmond tut so, als wäre der schottische Marsch in Richtung UNO-, EU- und NATO-Mitgliedschaft unaufhaltsam. Sein Hintergedanke: Schottland wird in London von Konservativen regiert, die jedoch im dortigen Parlament nur eines von 58 schottischen Direktmandaten besitzen. Mit rabiaten Sozialkürzungen haben Schotten, die mehrheitlich links denken, nichts im Sinn. Nicht einmal vor Frikadellen aus Pferdefleisch können die Regierenden ihre Landsleute schützen! Gegen angesehene Labour-Trennungsgegner wie Alistair Darling von der überparteilichen Gruppe »Besser zusammen« hat Salmond zwar Schwierigkeiten, doch konservative Schreckgespenster erleichtern ihm die Arbeit.

Dabei hat Salmond in letzter Zeit eine Reihe von Schlappen erlitten. Die weitere EU-Mitgliedschaft eines selbstständigen Landes sei keine automatische Sache, sondern müsse neu verhandelt werden, tönte es aus Brüssel. Auch wenn Schottland das Pfund als Währung beibehalten wolle, habe es auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik Rest-Britanniens keinen Einfluss mehr, erklärte die Bank of England. Fragen zur eventuellen Teilung des Steueraufkommens aus dem Nordseeöl bleiben ungelöst. Gleiches gilt für Verbleib oder Schließung des Atom-U-Boot-Stützpunktes Faslane nördlich von Glasgow.

Sogar die neutrale Wahlbehörde, die die Unabhängigkeitsabstimmung im Herbst 2014 beaufsichtigen soll, legt sich gegen Salmonds Fragestellung quer. »Stimmen Sie zu, dass Schottland unabhängig wird?«, suggeriere den Wählern ein Ja. Jetzt heißt es weniger suggestiv: »Soll Schottland unabhängig werden, ja oder nein?«

Dem erfolgsverwöhnten, in Edinburgh mit absoluter Mehrheit regierenden Salmond bläst der Wind ins Gesicht. Er kann froh sein, dass die Volksabstimmung erst für 2014 anberaumt ist. Denn nach neuester Umfrage befürworten nur 32 Prozent der schottischen Wähler die Teilung; die Gegner bringen es auf 47 Prozent; die Übrigen haben sich noch nicht entschieden. Die großzügiger angelegte Scottish Social Attitudes Survey gibt die Zahl der Unabhängigkeitsbefürworter sogar mit nur 23 Prozent an, Tendenz sinkend.

Doch der gewiefte Taktiker Salmond hofft das Blatt durch Brot und Spiele noch wenden zu können. 2014 finden die Commonwealth-Spiele in Glasgow statt. Anders als bei den Olympischen Spielen tritt dort keine britische Mannschaft an, sondern Engländer, Schotten und Waliser kämpfen gegeneinander um die Medaillen. Und im Sommer ist das 700. Jubiläum der Schlacht bei Bannockburn, bei der 5000 Schotten unter Robert Bruce ein vier Mal stärkeres englisches Heer vernichtend schlugen und damit die Unabhängigkeit des Landes bis 1707 durchsetzten. Wer wird dort wohl eine zündende Rede halten?

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