Tödliche Tropfen im Kräuterlikör

Angehender Pädagoge und Krankenpfleger wegen dreifachen Mordes mit »Liquid Ecstasy« angeklagt

  • Lesedauer: 2 Min.
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen

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Der 38-jährige Dirk P. hat es als tödliche Waffe eingesetzt und damit drei Menschen ermordet. Zwei weitere Opfer entgingen nur knapp dem Tod. Das sagt die Berliner Staatsanwaltschaft. Gestern begann der Prozess gegen den ausgebildeten Pädagogen, der als Rettungssanitäter und Krankenpfleger arbeitete. Damit hatte er auch leichten Zugang zu der giftigen Droge. Im April 2012 soll P. aus Habgier den Entschluss gefasst haben, seine Opfer mit KO-Tropfen zu betäuben, um sie dann auszurauben. Die erste Tat am 26. April: Einem Freund verabreicht er in seiner Wohnung in der Holzmarktstraße einen tödlichen Mix aus Kräuterschnaps und 20 Millilitern Tropfen. Nicht sofort wird der Polizei klar, dass es sich um einen Mord handelt.

Am 5. Mai das nächste Verbrechen in einer Homosexuellenbar in der Boxhagener Straße, in einem so genannten Darkroom. In völliger Dunkelheit schüttete er einem Bekannten die todbringenden 20 Milliliter ins Getränk. Doch P. war sich nicht sicher, dass das Mittel auch wirkt. Deshalb erwürgte er zusätzlich sein Opfer. Stunden später fand ihn eine Reinigungskraft. Ähnliches Vorgehen auch beim dritten Mord am 15. Mai in der Friedrichshainer Weserstraße. Glück dagegen hatte ein ihm völlig unbekannter Mann, dem er am Bahnhof Warschauer Straße seinen Giftcocktail angeboten hatte. Der Berauschte verlor zwar in einer dunklen Straßenecke das Bewusstsein, wurde aber rechtzeitig von einer Passantin entdeckt und ins Krankenhaus gebracht.

Den Opfern raubte der Täter Kreditkarten und Wertsachen. Doch nach dem 15. Mai war Schluss. Die Großmutter des ersten Getöteten erkannte Dirk P. auf einem Fahndungsfoto. Jetzt passten die DNA-Spuren aus der Wohnung und die Verbindung zu den anderen Taten wurde erkannt. Bei der Polizei gestand P. die Taten, bestritt die Mordabsicht. Er wollte seine Opfer »nur« kampfunfähig machen, um sie in aller Ruhe ausplündern zu können.

Der erste Verhandlungstag, unter großem Öffentlichkeitsinteresse, endete mit der Verlesung der Anklage. Bis Ende April will das Gericht die Hintergründe der Taten aufklären. Dirk P., äußerlich der nette Junge von nebenan, im grünen Pullover, verfolgte hinter Panzerglas den Andrang mit stillem Interesse. Er ließ sich durch die Schwere der Vorwürfe nicht beeindrucken. Ob er voll zurechnungsfähig ist, werden medizinische Gutachter klären.

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