Denkmal des Anstoßes

Wer in Mainz-Ebersheim die Aufarbeitung der lokalen NS-Geschichte fordert, macht sich schnell Feinde

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Noch immer tun sich kirchliche und lokale Honoratioren im bundesdeutschen Südwesten mit der Aufarbeitung der NS-Geschichte schwer. Ein anschauliches Beispiel liefert der seit Jahren schwelende Konflikt um ein Kriegerdenkmal in einem Mainzer Vorort.

Herbert Poensgen ist katholischer Theologe, seine Frau Krankenhausärztin und Psychologin. Die Familie war vor über zwei Jahrzehnten in das ländlich geprägte Mainz-Ebersheim gezogen, wo Poensgen über Jahre für die Grünen im Ortsbeirat saß. Bald vermissten die Poensgens einen Gedenkstein für die jüdischen und Euthanasieopfer in Ebersheim. Mit den Pogromen vom 9. November 1938 wurden hier - im Unterschied zu anderen Orten - schlagartig alle jüdischen Bewohner vertrieben und ihre Häuser geplündert.

»Ein Hinweisschild auf die ehemalige jüdische Synagoge verschwand in den 1990er Jahren«, erinnert sich Poensgen. Einmal habe ein Überlebender aus einer jüdischen Familie, mittlerweile betagt, die alte Heimat besucht und ehemalige Schulkameraden getroffen, erzählt der Theologe. Beim Austausch von Jugenderinnerungen seien dann aber vermeintliche Jugendstreiche gegen die NS-Verbrechen aufgewogen worden. »Die Nivellierung von Geschichte hat...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.