Gähn-Trifizierung
»Broken City« von Allen Hughes
Dem neuen Thriller von Allen Hughs mus man zugute halten, dass er sich einem Mechanismus zuwendet, der Berliner und Bewohner anderer Metropolen weltweit bewegt: der Gentrifizierung, also der durch Profit motivierten Vertreibung von nicht zahlungskräftigen Bevölkerungsteilen aus ihren Wohnvierteln. Es ist löblich, dass Hollywood solcher Materie eine Großproduktion widmet, für die mit Russel Crowe als korruptem Bürgermeister und Mark Wahlberg als labilem Ex-Cop zwei angesagte und teure Schauspieler angeheuert wurden. Auch Regisseur Allen Hughes spricht zunächst für die Qualität des New-York-Noir-Films - ist er doch einer der Hughes-Brüder, die als Regie-Duo so schön düsteren Stoff wie »Dead Presidents« (1995) oder (den durchwachsenen) »Book of Eli« (2010) auf die Leinwand brachten.
Privatdetektiv Billy Taggart (Wahlberg) hat, als er noch Polizist war, den Mörder der Schwester seiner Freundin erschossen, wurde damals aber vom mit allen intriganten Wassern gewaschenen Bürgermeister Nicholas Hostetler (Crowe) gedeckt. Jahre später soll Taggart für Hostetler den Liebhaber seiner Frau aufspüren. Gesagt, getan. Doch der Seitensprung, der dem gegnerischen politischen Lager angehört, stirbt. Gleichzeitig wird die Gentrifizierungsebene entfaltet: Hostetler hat einen Stadtteil an Immobilienhaie verscherbelt, was für die Bewohner Vertreibung bedeutet.
In der Story ist also theoretisch jede Menge Musik drin. Dass die Zutaten aber kein berührendes, ja nicht einmal ein besonders unterhaltsames Ganzes ergeben, liegt an einer biederen Inszenierung und einer Reihe von überflüssigerweise ausgebreiteten Beziehungskisten. Und daran, dass der Zuschauer die viel zu offensichtlichen Wendungen der Geschichte bereits lange vor den dann viel zu erstaunten Protagonisten kommen sieht. Es lauert in dem Plot, in dem sich jede Figur exakt den Erwartungen gemäß verhält und entwickelt, schlicht nichts Unvorhersehbares - was für einen Verschwörungsfilm geradezu fatal ist.
Auch entscheidet sich Hughes an den Stellen, an denen es eigentlich abgründig und bösartig werden müsste, zuverlässig dafür, familientauglich zu bleiben. Doch selbst die durchschnittliche Familie fühlt sich angesichts von Korruptionsfällen mittlerweile eher in ihren Befürchtungen bestätigt, als dass sie sich jedes Mal erneut entrüsten würde - sie ist damit also schon weiter als Hughes und sein Autor Brian Tucker, die einer unrealistische Naivität Vorschub leisten. In »Broken City« ist man immer wieder baff erstaunt, dass es im Sündenbabel New York scheinbar noch andere als die offiziellen Wahrheiten gibt.
Dem Ostküstenmoloch New York wird aber von Kameramann Ben Seresin zumindest optisch ein bezauberndes, dunkles Denkmal gesetzt. Schade, dass der Blick in die undemokratischen Mechanismen der Politik eher zum Gähnen als zum Fürchten ist.
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