Überfüllung im Eisparadies

Eiscafé Hokey Pokey bleibt in Prenzlauer Berg

  • Marlene Göring
  • Lesedauer: 3 Min.

Kaum biegt man sonntags in die Stargarder Straße in Prenzlauer Berg ein, kommen einem kleine, große, junge, alte Menschen entgegen, alle mit einer Eiswaffel in der Hand. Noch mehr sitzen auf Bordsteinen und auf Bänken. Der Platz in der ruhigen Nebenstraße der Schönhauser Allee reicht kaum aus für alle Gäste der Eispatisserie »Hokey Pokey«. Wegen der permanenten Überfüllung hätte das Café fast schließen müssen.

Besitzer Niko Robert gibt aber nun Entwarnung. »Rechtliche Konsequenzen wird es nicht geben.« Vor einigen Wochen aber sah das noch anders aus. Am ersten sonnigen Wochenende des Jahres kamen so viele Menschen, dass es Beschwerden aus der Nachbarschaft hagelte. Es wurde mehrfach »mit Strafanzeigen und zivilrechtlichen Entschädigungen gedroht«. »Im schlimmsten Fall dürfte das Ordnungsamt unseren Laden deshalb schließen«, schrieb der Erfinder von Eissorten wie »Rocky Road« und »Banana-Peanutbutter« damals auf seiner Facebook-Seite. Drei Tage blieb das »Hokey Pokey« daraufhin geschlossen. »Ich habe die Zeit gut genutzt«, erklärt Robert. Er habe sich mit den Anwohnern auseinandergesetzt, das Ordnungsamt kontaktiert und sogar mit Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU) gesprochen - überall mit dem gleichen Ergebnis. Wenn der Bürgersteig voll sei, sei das weniger ein Problem der auf ihr Eis wartenden Gäste, sondern komme auch dadurch zustande, dass die benachbarten Gastronomen ihren Bereich auf das Trottoir ausdehnten.

Auch wenn die Behörden auf seiner Seite sind und sich die Beschwerden aus dem unmittelbaren Umfeld mittlerweile auf eine Partei beschränken, ist Robert um ein gutes Verhältnis zu seinen Nachbarn bemüht. Und auch sich und seinen Mitarbeitern wollte er den großen Andrang nicht weiter zumuten. »Die Situation war schwierig für alle, inklusive der Gäste.« Er überlegte, die Öffnungszeiten zu verkürzen. Dann stand er selbst vier Stunden vor dem Café und versuchte, Kunden zum Weggehen zu überreden. »Ich habe gesagt: Kommen Sie doch morgen wieder«, erzählt der gelernte Koch und Patisseur, »Das hat natürlich nicht funktioniert, die Leute waren ja schon einmal da.«

Deshalb entschied sich Robert für eine bei Kunden unbeliebte Maßnahme: Er hob die Preise für eine Kugel Eis von 1,20 Euro auf 1,60 an. »Einige waren enttäuscht und sauer«, so Robert. Insgesamt hätten die Gäste aber viel Verständnis gezeigt. Dass es dem Gastronom nicht um Geldmacherei geht, ist offensichtlich: Schließlich ist der Eistopf für zu Hause sogar einen Euro billiger geworden und kostet jetzt 6 Euro.

Die Maßnahme zeigt Wirkung: »Wir können uns erstmal entspannt zurücklehnen«, sagt Robert. Zumindest soweit das zwischen Eisproduktion und -verkauf geht. Durch den Ärger hat er außerdem jede Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen: »Wir bekommen Anfragen aus allen Richtungen: Presse, Franchisenehmer, Rezeptekäufer, Einzelhändler.« An Filialen ist Robert aber nicht interessiert: »Ich wollte bewusst einen kleinen süßen Eisladen aufmachen.« Etwas größer dürfte der mittlerweile zwar sein, aber in Prenzlauer Berg will Robert bleiben. »Und wenn es einen Umzug gibt, dann sowieso erst zur nächsten Saison.«

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