Volkssolidarität muss zahlen

Kreisverband zu Schadensersatz verurteilt

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Zivilverfahren um zwei insolvente Volkssolidarität-Immobilienfonds ist ein Kreisverband in einem Fall zu Schadensersatz verurteilt worden. Landes- und Bundesebene sind nach Ansicht des Gerichts dagegen nicht haftungspflichtig, drei weitere Klagen wurden zurückgewiesen. Zwei Dutzend Fälle stehen noch aus.

Im Zivilprozess um zwei insolvente Immobilienfonds des Volkssolidarität-Kreisverbands Rostock-Land/Bad Doberan konnten die Kläger am Freitag einen kleinen Erfolg verbuchen. Das Landgericht Rostock sah es als erwiesen an, dass der Kreisverband von den massiven finanziellen Schwierigkeiten der Fonds bereits 2007 wusste, zu einem Zeitpunkt, als einer der vier Kläger dort investieren wollte. Der Kläger sei aber über die Situation im Unklaren gelassen worden. In diesem Fall verurteilte das Rostocker Landgericht den Kreisverband zu Schadensersatz in Höhe von 100 000 Euro nebst Zinsen. Die anderen drei Klagen wurden abgewiesen. Inwieweit sich das Urteil auf die zwei Dutzend noch anstehenden Fälle auswirkt, wird sich zeigen müssen.

Für die Geschädigten ist das Urteil höchstens ein halber Erfolg. Ihnen war es darum gegangen, dem Landes- bzw. Bundesverband der Volkssolidarität ein Wissen über die Lage nachzuweisen; dann wäre eine Haftungspflicht entstanden. Das Gericht hatte allerdings bereits früher ausgeführt, dass es dafür keine Anhaltspunkte sehe. Obwohl das Urteil, das eigentlich schon vor Wochen hätte fallen sollen, aufgrund eines neuen »Sachvortrags« verschoben worden war, hat sich die Ansicht des Gerichts zu diesem wichtigen Punkt nicht verändert. »Den Verbänden der Volkssolidarität kann nicht das Fehlverhalten Einzelner zugerechnet werden«, lautet der Satz des Richters, der innerhalb des Verbands ein Aufatmen zur Folge haben dürfte.

Zwischen 2001 und 2009 waren in den beiden Fonds des Kreisverbandes gut neun Millionen Euro weitgehend versickert - 1600 meist ältere Anleger verloren ihr Erspartes. Mit den Immobilienfonds sollten Sozial-Immobilien wie etwa Alterswohnsitze finanziert werden, die Anleger hielten das für eine sichere und auch profitable Sache mit einem garantierten jährlichen Gewinn von fünf Prozent - und glaubten, sich mit ihrer Einlage evtl. einen Platz in einer solchen Einrichtung zu sichern.

Offensichtlich ergaben sich jedoch bald finanzielle Schwierigkeiten, die die Verantwortlichen offenbar nicht lösen konnten. Am Ende hätten die Fonds in einer Art Schneeballsystem die fälligen Auszahlungen für Altanleger aus den Einlagen neuer Anleger bezahlt, argumentierten die Anwälte der Klägerseite vor Prozessbeginn im Winter. Die beiden Fonds gerieten offenkundig völlig außer Kontrolle.

Strafrechtliche Ermittlungen in der Sache laufen noch, aus Sicht der Geschädigten stand zunächst die zivilrechtliche Klärung im Vordergrund. Wer Ansprüche geltend machen wollte, musste diese bis Jahresbeginn gemeldet haben.

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