Eltern zahlen mehr

Grüne kritisiert Senatspläne zum Schulessen

  • Marlene Göring
  • Lesedauer: 3 Min.

Fischfrikadellen, Kartoffeln, Quark, alles frisch und selbstgekocht: So sieht das Mittagessen an der Heinrich-von-Stephan-Oberschule in Mitte aus. Die ist damit allerdings eine Ausnahme: An vielen weiterführenden Schulen in Berlin gibt es kein Mittagsangebot.

Das wird sich auch nach den Plänen des Senats zur Umgestaltung der Schulspeisung nicht ändern, kritisiert Bettina Jarasch, Vorsitzende des Landesverbands der Grünen. Deren Fraktion hat ein eigenes Positionspapier für den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, in dem heute das vom Senat beschlossene »Gesetz über die Qualitätsverbesserung des Schulmittagessens« verhandelt wird. Laut Grünen wird dieses keine Lösung der Kantinenkrise bewirken.

So erreichten die zusätzlichen 25 Millionen Euro, die ab 2014 für die Schulspeisung aufgebracht werden sollen, nur einen Teil der Berliner Kinder. Wie zuvor fördert die Stadt nur ganztägige Grundschulen, nicht aber Oberschulen und Grundschulen im Halbtagsbetrieb. Kritisch sieht die Grünen-Fraktion auch die Erhöhung des Elternanteils von 23 auf 37 Euro. »Dadurch werden Kinder faktisch ausgeschlossen«, so Jarasch. Zwar sei ein Härtefallfonds vorgesehen. »Bei 20 000 Euro im Jahr pro Bezirk reicht das aber gerade für je 45 Familien«, sagt Torsten Wischnewski-Ruschin (Grüne), Ausschussvorsitzender für Jugendhilfe. Zwar gebe es auch das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes, das Kindern aus sozial schwachen Familien das Mittagessen für 1 Euro ermöglicht. Hier liegt die Grenze bei 1300 Euro monatlichem Haushaltseinkommen - nur wenig mehr Verdienende hätten keine Chance auf diese Alternative.

Die Grüne fordert deshalb einen gestaffelten Elternanteil - was auch der Landeselternausschuss befürwortet. Eltern seien durchaus bereit, für andere Kinder mitzuzahlen - wenn die Qualität beim Essen stimmt, so Grünen-Vorsitzende Jarasch.

Den zukünftigen Festbetrag von 3,25 statt wie bisher 2 bis 2,20 Euro pro Essen akzeptiert die Partei als Obergrenze dafür, was Catering-Firmen erhalten sollen. Als Festpreis bringe er allerdings die Vielfalt der Anbieter in Gefahr. »Hier wird Gerechtigkeit nur vorgetäuscht«, sagt Jarasch. Große Firmen könnten günstiger wirtschaften, so dass kleinere vom Markt verdrängt würden. Zusätzlich müssten die Bezirke den Bedarf der Schulen einzeln prüfen. So sei es ein Unterschied, ob im Angebot weitere Komponenten wie Betriebskosten oder Küchenausstattung enthalten seien.

»Auf lange Sicht wollen wir ein neues Modell, das Eltern, Schüler und Lehrer stärker einbezieht«, betont Jarasch. Die Lebensmittel sollten frisch, regional, biologisch und zu fairen Bedingungen hergestellt sein - was regelmäßig kontrolliert werden müsse. Auch dabei sei der Senatsentwurf nicht weitreichend genug. »Die Frage muss sein: Wie verankern wir das Thema Ernährung in Schulalltag und Unterricht«, sagt Öczan Mutlu, Grünen-Sprecher für Bildung. »Bisher passiert das fast nirgends.«

Auch Piraten und LINKE kritisieren die Pläne der Regierungsparteien, lehnen aber den gestaffelten Elternanteil ab - Schulessen müsse generell kostenlos sein. Der Gesetzesvorschlag des Senats ist das Ergebnis der Debatte, die 2012 durch Proteste von Caterern und eineN Lebensmittelskandal ausgelöst wurde. Damals lieferte der Kantinenbetreiber Sodexo verunreinigte Erdbeeren aus China an ostdeutsche Schulen, 11 000 Kinder und Erwachsene erkrankten daraufhin am Norovirus.

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