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Kaspar Hauser

KALENDERBLATT

  • Ralf Höller
  • Lesedauer: 2 Min.

»A söchtener Reuter möcht i wern, wie mei Voater gwen is.« Den Wunsch, ein solch guter Reiter wie sein Vater zu werden, soll Kaspar Hauser (Abb.: AKG-images) formuliert haben, als er vor 185 Jahren, am Pfingstmontag des Jahres 1828, in Nürnberg auftauchte. Doch wer war der Vater des jungen Mannes, den zuvor kein Bewohner der alten Reichsstadt je zu Gesicht bekommen hatte? Ein badischer Fürst, wie bald behauptet wurde? Eigenen Angaben zufolge hatte der damals 16-Jährige die meiste Zeit seines Lebens in einem dunklen Verlies bei Wasser und Brot verbracht. Wer hat ihn warum eingesperrt? Der Ungereimtheiten sollte es noch viele geben - bis zu seinem frühzeitigen Dahinscheiden am 17. Dezember 1833. Wer hatte Hauser die tödliche Stichwunde beigebracht?

Auf seinem Grabstein steht: »Hier liegt Kaspar Hauser, Rätsel seiner Zeit, unbekannt die Herkunft, geheimnisvoll der Tod.« Mit dem Mysterium wussten nicht Wenige schon zu dessen Lebzeiten ein Geschäft zu machen. Binnen kurzem war Hauser Gesprächsthema in allen deutschen Landen und zahlreichen Ländern Europas. Ein Lord Stanhope, Party- und Müßiggänger aus englischem Hochadel, erwarb die Vormundschaft, gewiss nicht aus uneigennützigen Motiven. Nach dem Tod seines Schützlings indes stellte er diesen als Betrüger hin.

Es gab auch um das Findelkind redlich bemühte Zeitgenossen, so den Gymnasialprofessor Georg Friedrich Daumer, der mit Hausers Erziehung beauftragt wurde. Vier Abhandlungen veröffentlichte er über seinen Schüler bis zum Bruch im Herbst 1829. Kaspar Hauser arbeitete dann in Ansbach als Schreiber beim Gerichtspräsidenten Anselm von Feuerbach. Der glaubte anfangs nicht an die adlige Herkunft seines Angestellten, besann sich aber bald eines besseren. Feuerbach starb einige Monate vor Hauser, was weitere Verschwörungstheorien über dessen Abstammung und Ableben befeuerte.

Seriös geforscht wurde auch: Jüngst erst gab es zwei, allerdings sehr unterschiedlich ausfallende DNA-Analysen. Während die eine die Prinzenabstammungshypothese verwarf, stützte die andere eben diese. Genau das braucht ein Mythos, um am Leben zu bleiben.

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