Erdogans »Marodeure« und »Pestkranke«

Der türkische Regierungschef wird zum Opfer seiner eigenen Polarisierungsstrategie

Bevor er am Montag zu einer Nordafrika-Reise aufbrach, hatte der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan den Demonstranten in seinem Lande gedroht: Der Geheimdienst sei in- und ausländischen Gruppen auf der Spur, mit denen noch abgerechnet werde. Und in Marokko erklärte Erdogan, wenn er zurückkehre, seien »die Probleme erledigt«.

Von der umstrittenen Überbauung eines Parks in Istanbul, an der sich ein landesweiter Aufruhr entzündet hat, will Recep Tayyip Erdogan nicht abrücken. Trotzig fragte er in einer Rede: »Soll ich Marodeure um Erlaubnis bitten?« Sind es also Marodeure, die sich ihm widersetzen?

Für Erdogan ist das ganz einfach: Er wurde von nahezu 50 Prozent der Türken demokratisch gewählt, folglich unterdrücken diejenigen, die sich ihm entgegenstellen, die (relative) Mehrheit. Nie und nimmer können sie also recht haben. Außerdem gehören sie einer Minderheit an, die schon immer die Mehrheit in der Türkei unterdrückt habe.

Mit solchen Reden wendet sich der Regierungschef an die religiös-konservativen Massen, die sich von den laizistischen Türken unterdrückt fühlen. Die Demonstrationen sind in Erdogans Augen ein neuerlicher Versuch der Laizisten, ihren Willen mit undemokratischen Mitteln durchzusetzen. Der Premier polarisiert die türkische Be...


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