»Ein Fußtritt gegen arme Kinder«

Jugendhilfeausschuss der BVV Marzahn-Hellersdorf kürzt Mittel für die »Arche« um die Hälfte

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Telefon klingelte gestern unentwegt bei der »Arche«. Entrüstete Bürger und selbst das Büro des Regierenden Bürgermeisters riefen bei dem christlichen Kinder- und Jugendwerk in Hellersdorf an, das etwa 250 arme Kinder täglich mit einem warmen Mittagessen versorgt. Sie regen sich über den Beschluss des Jugendhilfeausschusses der BVV auf. »Sie sagen "Lasst Euch nicht entmutigen, Eure Arbeit ist richtig"«, erklärt Pfarrer Bernd Siggelkow, Leiter der Arche. Der Ausschuss hatte diese Woche beschlossen, die Mittel für die Arche von derzeit 36 800 Euro auf 18 000 Euro im nächsten Jahr zu kürzen. Siggelkow ist davon »schwer geschockt. Die Kürzungen sind ein Fußtritt gegen die Kinder und Familien, die hier von Armut betroffen sind«. Mit den Stimmen von Linkspartei, FDP und drei Bürgerdeputierten wurde ein entsprechender Antrag der FDP beschlossen, in dem die Streichungen vor allem damit begründet werden, dass die Arche nach wiederholten Anschubfinanzierungen nun auf eigenen Füßen stehe. Das Projekt sei in der Lage, eigene Unterstützung einzuwerben. Weiter heißt es in dem Antrag, dass das Image des Bezirks durch einseitige und offensive Berichterstattung über das Projekt in der Vergangenheit beeinträchtigt worden sei. Weitere Finanzierungen wolle man deshalb nur gewähren, wenn die Arche ihre Öffentlichkeitsarbeit mit dem Bezirksamt abstimmt. »Wir sind aber nicht mehr in der DDR«, erregt sich Bernd Siggelkow über die Forderung. Es sei nie im Interesse der Arche gewesen, das Image des Bezirks in den Schmutz zu ziehen. Dem Projekt sei es in den letzten zehn Jahren gelungen, eine breitere Öffentlichkeit für das Thema Kinderarmut herzustellen. Die Medien hätten ihre Berichterstattung, die Arche habe das eigentliche Problem - die Armut - aber nie auf den Bezirk geschoben. Wäre die Arche in Steglitz, dann schrieben die Medien eben, wie schlimm es den Kindern dort ginge, sagt Siggelkow. Trotzdem sich die Arche mit 500 000 Euro zum überwiegenden Teil aus Spenden finanziert, findet er die Kürzungsentscheidung unverantwortlich. Der Verein erfülle eine staatliche Pflichtaufgabe, der Bezirk zöge sich deshalb mit seiner Entscheidung aus der Verantwortung und zeige zudem, »wie viel ihm die Arbeit wert ist«. Absurd sei das, wird der Verein doch am Sonntag mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet. Erst am Mittwoch hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) das Engagement als beispielhaft gewürdigt. Die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz forderte den Bezirk unterdessen auf, die Streichungen rückgängig zu machen. Auch Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) äußerte Kritik: Es sei falsch, gerade denen die Mittel zu streichen, die viele Spenden bekommen, sagte sie. Die Arche, Bank für Sozialwirtschaft, Kontonummer: 30 30 100, Bankleitzahl: 100 205 00

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.