Mechanisches Ballett

Die Deutsche Post eröffnete mechanisierte Zustellbasis im Osten Berlins

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Schuhe, die Ihre Frau im Internet bestellt, können künftig noch schneller da sein«, eröffnet Susan Heymann stolz dem Marzahn-Hellersdorfer Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (SPD). Heymann ist Leiterin der Niederlassung Berlin-Zentrum der Deutschen Post. Grund der frohen Kunde, über deren Klischeehaftigkeit wir uns nicht weiter auslassen wollen, war die offizielle Inbetriebnahme der ersten mechanisierten Zustellbasis für Pakete auf Berliner Boden am gestrigen Tage.

26 Verladetore, eine 4500 Quadratmeter große Halle, eine Kapazität von maximal 8000 Sendungen am Tag, davon bis zu 3500 pro Stunde, vier Büros, Umkleiden, Technikräume, ein Pausenraum und eine Teeküche, alles hübsch verpackt in einem, nun ja, postgelben Karton. So viel zunächst zur Statistik. Um den beliebten Vergleich nicht zu unterschlagen: Der Bau ist größer als ein kleines Fußballfeld.

»Wir sparen Zeit und erhöhen die Kapazität«, sagt Susan Heymann. Der Weg eines über DHL verschickten Pakets verläuft klassisch vom Absender über das Einlieferpaketzentrum zum Zielpaketzentrum, von wo es auf die einzelnen Zustellbasen verteilt wird. In den Zustellbasen wurden die Sendungen schließlich von Hand auf die einzelnen Lieferfahrzeuge verteilt, um sie schließlich - wenn die Götter wollen - dem Empfänger zu übergeben.

Wegen des seit Jahren wachsenden Internethandels reichen die Kapazitäten vor allem zur Oster- und Weihnachtszeit nicht mehr. Und so wird die automatische Sortier- und Fördertechnik, die bisher nur in den großen Zentren zum Einsatz kam, nun auch in ausgewählten kleineren Zustellbasen eingebaut.

Jetzt sind wir an dem Moment angelangt, wo der passionierte Modellbahner in den Keller bittet, mit leuchtenden Augen die Anlage in Betrieb setzt und beim Besucher nichts als ehrfürchtige Bewunderung erwartet. Die großen Laster mit den vorsortierten Paketen und Päckchen sind angekommen, die nun von den Packern auf die Förderbänder gelegt werden. Alle Sendungen laufen zunächst am höchsten Punkt zusammen, passieren einen großen Scanner, um dann nach und nach wieder auf einer Bahn dem zugeordneten Zustellfahrzeug entgegenzurutschen und vom Paketboten eingeladen zu werden. Beziehungsweise, um es mit den Worten des Herstellers zu schreiben: »Abweisschuhe gleiten über die Trageelemente mit voller Breite und schieben die Produkte in einer Diagonalbewegung sanft in die Sortierausgänge.« Da möchte man ja fast selbst Fördergut werden. Um diese mechanische Choreografie zu erleben, musste man auch schon um kurz vor 8 Uhr morgens zugegen sein. »Das ist für unsere Produktion fast schon mittags«, sagt Susan Heymann leidenschaftslos.

»Es geht übrigens keineswegs darum, dass bei uns Stellen abgebaut werden sollen«, sagt Postsprecherin Anke Blenn. Das Konzept habe bei den Mitarbeitern wegen der verbesserten Arbeitsbedingungen - viel Schlepperei fällt weg - große Zustimmung gefunden. Die nur für den Bezirk Mitte, unter anderem auch den Bundestag, zuständige Zustellbasis ist als Ergänzung für den bestehenden Standort in Alt-Friedrichsfelde gebaut worden. Bereits jetzt arbeiteten 40 Zusteller hier, weitere elf kommen in den nächsten Monaten hinzu. Denn für Logistiker ist nicht nur fast Mittag sondern auch bald schon Weihnachten. Und der Internethandel boomt weiter.

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