Tony Martin bester Zeitfahrer

Der Brite Christopher Froome baut durch Rang zwei seine Gesamtführung bei der Tour de France aus

  • Tom Mustroph, Mont-Saint-Michel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die 100. Tour de France wird immer mehr zur Deutschlandtour. Auf der elften Etappe holte Tony Martin den vierten Tageserfolg deutscher Radprofis. Am Mittwoch setzte er sich im Zeitfahren durch und distanzierte den Briten Chris Froome um zwölf Sekunden. Der durfte sich aber darüber freuen, seinen Vorsprung im Gesamtklassement ausgebaut zu haben.

Es war ein Sieg mit Ansage. Das komplette Peloton hatte den amtierenden Zeitfahrweltmeister an der Spitze erwartet. Auch Martin selbst ging es so. »Alles andere als ein Sieg wäre eine Enttäuschung. Das hier ist ja meine letzte große Gelegenheit auf einen Etappensieg bei dieser Rundfahrt«, meinte er, als er nach gefahrener Bestzeit im Ziel Platz nahm und auf die Fahrer wartete, die nach ihm kamen. Er zeigte sich etwas besorgt, dass sich in den vier Stunden, die noch folgen sollten, das Wetter ändern könnte. »Ich hoffe, der Wind dreht nicht und schiebt die anderen noch«, meinte Martin.

So musste er bis zum frühen Abend im Schatten der fast 1000 Jahre alten Benediktiner-Abtei Mont Saint Michel bangen. Christopher Froome, Kapitän der britischen Sky-Mannschaft, unterbot zunächst Martins erste Zwischenzeit nach 9,5 km um eine Sekunde. Das Terrain war hier hügeliger und somit günstiger für den Kletterer. Bei der zweiten Zeitnahme war er dann sogar zwei Sekunden schneller.

Gespannt verfolgte Martin den Ritt des Bronzemedaillengewinners im Zeitfahren bei den Olympischen Spiele von London. Auf dem finalen Flachstück war Martins Zeit dann aber doch die bessere. Nach zwei Spurtsiegen von Marcel Kittel (Argos) und einem weiteren Sprinterfolg von André Greipel (Lotto) war es bereits der vierte deutsche Etappensieg bei der 100. Tour de France.

Ein Sieg ohne Anstrengung war es für Martin also wahrlich nicht. Erschöpft ließ er sich nach der Zieldurchfahrt zu Boden fallen und rang minutenlang um Luft. Der 28-Jährige hatte jedes Körnchen Kraft eingesetzt. »Er ist fast durchgängig 60 Kilometer pro Stunde gefahren. Besser geht es kaum, selbst wenn man wie die Sky-Leute andauernd auf die Wattzahlen achtet«, lobte Rennstallchef Patrick Lefevere seinen Fahrer.

Wegen der Sturzverletzungen von der ersten Etappe hatte ein Fragezeichen über Martins Verfassung gelegen. Noch immer wird er von Schmerzen an Rücken und Gesäß wegen der Hautabschürfungen geplagt. Und auch die Fleischwunde am Ellenbogen bringt sich immer wieder in Erinnerung. »Tony ist aber keiner, der klagt. Er sagt immer, es gehe ihm gut, selbst wenn es ihm gar nicht gut geht«, erzählt der sportliche Leiter Brian Holm »nd«. »Als er in Korsika das Bewusstsein verlor, haben wir alle einen Riesenschreck bekommen«, ergänzte er. Dieser Schreck wurde nun von großem Glück kompensiert. Das überwog auch die Verärgerung nach einer Urin-Attacke eines Zuschauers auf Martins Teamgefährten Mark Cavendish.

Dessen Landsmann Froome erwies sich derweil unter den Klassementfahrern als Athlet vom anderen Stern. Um mehr als zwei Minuten distanzierte er seine ärgsten Rivalen. Die Spanier Alberto Contador (Saxo Bank) und Alejandro Valverde (Movistar), der Holländer Bauke Mollema (Belkin) und auch Contadors tschechischer Helfer Roman Kreuziger kamen in einem Zeitfenster von nur 13 Sekunden ein. Dieses Quartett wird in den kommenden anderthalb Wochen um die unteren zwei Podestplätze kämpfen.

Große Verlierer des Tages waren der Australier Cadel Evans (BMC), der als nominell guter Zeitfahrer keine Zeit auf Contador & Co. gut machen konnte sowie der Spanier Joaquin Rodriguez (Katjusha), der mehr als drei Minuten verlor.

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