»Entwicklungsländer sind in der Offensive«

ND-Interview mit Aktivistin Iara Puetricovsky

Iara Puetricovsky ist Mitglied der brasilianischen Delegation bei der Welthandelskonferenz und Repräsentantin des NRO-Netzwerks Rede Brasileira pela Integração dos Povos (Rebrip). In Hongkong sprach mit ihr für ND Andreas Behn.

ND: Gibt es in der für Brasilien und die EU so wichtigen Agrarfrage bisher irgendeinen Fortschritt?
Puetricovsky: Am Donnerstag gab es ein Treffen der in der G 20 organisierten Schwellenländer mit EU-Handelskommissar Peter Mandelson. Deutlich wurde, dass die Positionen beider Seiten völlig inkompatibel sind. Die Forderung an die EU, einen Zeitpunkt für das Ende ihrer Agrarsubventionen festzulegen, ist für die Länder des Südens nicht verhandelbar. Mandelson antwortete, dies sei unmöglich, er könne nicht einmal ein Datum nennen, an dem er anfangen werde, sich darüber Gedanken zu machen. Der Sachverhalt ist also noch komplizierten geworden. Doch solange es in der Agrarfrage keinen Fortschritt gibt, werden die anderen Themen gar nicht angesprochen.

Wie schätzen Sie die Stärke der Entwicklungsländer bei den Verhandlungen in Hongkong ein?
Derzeit befinden sie sich in der Offensive. Die Gespräche in Hongkong begannen mit Vorgaben der Europäer an die Entwicklungsländer. Doch es ist gelungen, den Spieß umzudrehen und von den Ländern des Nordens die Öffnung ihrer Märkte zu fordern, so wie es die Länder des Südens bereits in vielerlei Hinsicht getan haben.
Hinzu kommt, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer versuchen, sich einander politisch zu nähern. Das kann als ein großer Fortschritt dieser WTO-Konferenz bezeichnet werden. Die G 20 haben hierzu einen sehr wichtigen Vorstoß unternommen, denn sie haben sich mit anderen Gruppen von Entwicklungsländern wie den G 33 und den G 90 zusammengetan, um ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen.

Gibt es einen Ausweg aus der Sackgasse bei dieser Verhandlungsrunde?
Ich sehe keinen. Es wird auch nicht mehr davon gesprochen, schon im März oder April kommenden Jahres das Agrarabkommen unter Dach und Fach zu bringen. Allerdings will die Konferenz auch niemand ohne eine zumindest minimale Einigung verlassen, vor allem die Entwicklungsländer wollen einen Fortschritt erzielen.

Sollte die EU doch noch Entgegenkommen zeigen, was würden die G 20-Länder Ihrer Meinung nach als Gegenleistung anbieten?
Wenn sich die EU zu einer zeitlichen Zusage durchringt, würden sich Brasilien, Südafrika, Argentinien, Indien und weitere Länder zu Verhandlungen in anderen Themenbereichen bereit erklären.

Dann wäre also mit Zugeständnissen an die sehr weit gehenden Forderungen der Industriestaaten bei Dienstleistungen (GATS) und Nicht-Agrargütern (NAMA-Abkommen) zu rechnen?
Ja, sie würden sich auf einige Dinge einlassen müssen. Andererseits halte ich es fast für ausgeschlossen, dass sich Europa unter den gegebenen Bedingungen auf ein Datum für den definitiven Abbau seiner Subventionen einlässt.ND: Gibt es in der für Brasilien und die EU so wichtigen Agrarfrage bisher irgendeinen Fortschritt?
Puetricovsky: Am Donnerstag gab es ein Treffen der in der G 20 organisierten Schwellenländer mit EU-Handelskommissar Peter Mandelson. Deutlich wurde, dass die Positionen beider Seiten völlig inkompatibel sind. Die Forderung an die EU, einen Zeitpunkt für das Ende ihrer Agrarsubventionen festzulegen, ist für die Länder des Südens nicht verhandelbar. Mandelson antwortete, dies sei unmöglich, er könne nicht einmal ein Datum nennen, an dem er anfangen werde, sich darüber Gedanken zu machen. Der Sachverhalt ist also noch komplizierten geworden. Doch solange es in der Agrarfrage keinen Fortschritt gibt, werden die anderen Themen gar nicht angesprochen.

Wie schätzen Sie die Stärke der Entwicklungsländer bei den Verhandlungen in Hongkong ein?
Derzeit befinden sie sich in der Offensive. Die Gespräche in Hongkong begannen mit Vorgaben der Europäer an die Entwicklungsländer. Doch es ist gelungen, den Spieß umzudrehen und von den Ländern des Nordens die Öffnung ihrer Märkte zu fordern, so wie es die Länder des Südens bereits in vielerlei Hinsicht getan haben.
Hinzu kommt, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer versuchen, sich einander politisch zu nähern. Das kann als ein großer Fortschritt dieser WTO-Konferenz bezeichnet werden. Die G 20 haben hierzu einen sehr wichtigen Vorstoß unternommen, denn sie haben sich mit anderen Gruppen von Entwicklungsländern wie den G 33 und den G 90 zusammengetan, um ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen.

Gibt es einen Ausweg aus der Sackgasse bei dieser Verhandlungsrunde?
Ich sehe keinen. Es wird auch nicht mehr davon gesprochen, schon im März oder April kommenden Jahres das Agrarabkommen unter Dach und Fach zu bringen. Allerdings will die Konferenz auch niemand ohne eine zumindest minimale Einigung verlassen, vor allem die Entwicklungsländer wollen einen Fortschritt erzielen.

Sollte die EU doch noch Entgegenkommen zeigen, was würden die G 20-Länder Ihrer Meinung nach als Gegenleistung anbieten?
Wenn sich die EU zu einer zeitlichen Zusage durchringt, würden sich Brasilien, Südafrika, Argentinien, Indien und weitere Länder zu Verhandlungen in anderen Themenbereichen bereit erklären.

Dann wäre also mit Zugeständnissen an die sehr weit gehenden Forderungen der Industriestaaten bei Dienstleistungen (GATS) und Nicht-Agrargütern (NAMA-Abkommen) zu rechnen?
Ja, sie würden sich auf einige Dinge einlassen müssen. Andererseits halte ich es fast für ausgeschlossen, dass sich Europa unter den gegebenen Bedingungen auf ein Datum für den definitiven Abbau seiner Subventionen einlässt.

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