Das Geschäft mit dem Bolívar

Venezuelas Währung wird im Nachbarland Kolumbien über einen Umweg in Devisen getauscht

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.
An Kolumbiens Grenze zu Venezuela existiert ein reger Schwarzmarkt für den Umtausch der venezolanischen Währung in Devisen.

In kaum einem Land wird die Währung so rigoros kontrolliert wie in Venezuela. Den Abfluss von Devisen ins Ausland will die Regierung in Caracas so verhindern. Nur im Nachbarland Kolumbien wird der Bolívar fuerte, allerdings über einen Umweg, in Devisen wie Dollar oder Euro getauscht.

Turnschuhe, Jeans, aber auch Motorsägen, Nahrungsmittel und Elektrogeräte werden in Cúcuta umgeschlagen. Die nordwest-kolumbianische Stadt ist eine wichtige Drehscheibe für den Handel mit Venezuela. Hier wird gehandelt, was in Venezuela knapp sein könnte oder in Kolumbien billiger ist. »Umgekehrt tankt in der Region von Cúcuta kaum jemand größere Mengen Benzin an den Zapfsäulen, denn Treibstoff wird in großen Mengen über die Grenze geschmuggelt«, erklärt ein Straßenhändler. Hintergrund ist, dass Benzin in Venezuela sehr billig ist und deshalb ein schwunghafter Schmuggel von Treibstoff und anderen Erdölprodukten nach Kolumbien existiert. Umgekehrt werden Konsumartikel nach Venezuela geschleust. Folgerichtig wird in Cúcuta der Bolívar fuerte, Venezuelas Währung, akzeptiert. Nicht nur unter der Hand sondern auch in den Wechselstuben.

Doch selbst in der rund sechshundert Kilometer entfernten Hauptstadt Bogotá ist es möglich, den Bolívar in Devisen zu tauschen. Allerdings nur über den Umweg des Peso colombiano, wobei hohe Kursverluste in Kauf genommen werden müssen. Für Venezolaner ist das dennoch attraktiv, denn in Caracas sitzt die Ausfuhrbehörde CADIVI wie eine Glucke auf den Devisen. Dort müssen Venezolaner, die Zuteilung von Devisen beantragen und angeben, wofür sie das Geld brauchen. Seit 2003 soll diese Praxis den Massenabfluss von Devisen auf Auslandskonten unterbinden.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Wechselkurs liegt seit dem Frühjahr bei 6,3 Bolívares pro US-Dollar. Auf dem Schwarzmarkt, wo Schätzungen zufolge 15 bis 20 Prozent des Devisenbedarfs umgeschlagen werden, sind deutlich höhere Wechselkurse die Regel - bis zu zwanzig Bolívar pro Dollar. In Kolumbien liegen die Preise teils noch höher, weil Venezuelas Währung seit Jahren unter extremer Inflation leidet. Auch ein Grund, weshalb viele Venezolaner, die in Kolumbien Urlaub machen, froh sind, dass sie dort noch einige Dollar zusätzlich tauschen können.

Doch auch Kolumbiens Geldwechsler gehen vorsichtig vor: Über 20 000 Bolívar nimmt kaum jemand von einer Person an. In vielen Wechselstuben gilt die Faustregel, nicht mehr als 50 000 Bolívar vorrätig zu haben. Zu schnell verliert das Geld an Wert und die Nachfrage nach den bunten Scheinen hält sich auch bei regelmäßigen Besuchern aus Kolumbien in Grenzen. Die können vor Ort oft günstiger tauschen und fragen nur kleine Summen nach, um nach der Einreise flüssig zu sein, sagt Jaime Barrientos, der aufgrund familiärer Verbindungen mehrfach nach Venezuela reiste.


Lexikon

Die CADIVI (Comisión de Administración de Divisas) ist die Währungskontrollbehörde Venezuelas und dem Finanzministerium untergeordnet. Seit 2003 beschränkt sie den Umtausch des Bolívar fuerte (Bs bzw. BsF) in Starkwährungen wie den US-Dollar. Die Devisen werden nach einem Schlüssel verteilt. So dürfen Privatpersonen seit 2009 nur 3000 Dollar pro Jahr auf Basis des staatlich festgelegten Wechselkurses tauschen. nd

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