Das Sterben der Anderen

Kein Nachruf, sondern ein »Danke« an Wolfgang Herrndorf

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Die Trauer angesichts des Todes von Menschen, die ich nicht persönlich kenne, war mir fremd. Fremd und nicht so recht nachzuvollziehen, bis Ulrich Mühe 2007 starb. Da saß ich bedröppelt vor diesem doofen Internet, das mir die Nachricht erst auf einem, dann wie das immer so ist, auf zahllosen Kanälen mitteilte. Viel zu jung und viel zu früh gestorben. Im Theater gesehen habe ich ihn nie. Aber im letzten Zeugen und im Leben der Anderen. Nach dem Kinobesuch des Letzteren habe ich mich zum zweiten Mal in meinem Leben betrunken. Zu dicht dran an Kindheitserinnerungen und deswegen zu eindrucksvoll, zu schwer zu verdauen, waren die gezeichneten Leben, die Charaktere, die Wohnungen, die Bilder.

Mühe. Und jetzt: Herrndorf. Mitten rein in den hektischen Redaktionsalltag fällt die Meldung. Nicht fällt. Die Kollegin sagt es ganz leise am Telefon. Nee. Was!? Das geht doch nicht. Der reflexhafte Klick auf Herrndorfs Blog führt ins Leere. The requested URL could not be delivered. Awesome. Die unheilsschwangere Befürchtung, die ich jedesmal hatte, wenn ich in »Arbeit und Struktur« seine schönen Texte lesen wollte, ist bestätigt. Nachrichtenticker, Twitter, andere Zeitungen teilen es mit. Muss wohl stimmen. In solchen Momenten werde ich zur Vierjährigen. Mir ist nach böse gucken. Nein, schreien und bockig rumtrampeln. Wieso denn? Aber warum denn so plötzlich? Rhetorische Fragen allesamt, natürlich.

Mittwoch: Herrndorfs Blog ist wieder online. Lesen geht nicht. Kloß im Hals, genauso wie ich ihn immer noch habe an Großvaters Grab, obwohl ich ihn...


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