Lichtenberger Wahlkrampf

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 2 Min.

»Sowas verdirbt die Demokratie«, schimpfte der Direktkandidat der Grünen in Lichtenberg, Bartosz Lotarewicz, kürzlich im »Tagesspiegel« anlässlich einer Veranstaltungsreihe der Linkspartei. Es ist Wahlkampf, da wundert es oft nicht, wenn die einen gegen die anderen zetern. Lotarewicz› Worte indes muten dann doch seltsam an, nahm seine Partei zuvor noch mit Freuden an besagter Veranstaltung teil: Die LINKE hatte es übernommen, auf ihre Kosten sämtlichen im Bezirk vertretenen Fraktionen ein Forum zur Selbstdarstellung zu geben.

Wie in vergangenen Jahren schon plante Gesine Lötzsch (LINKE) eine Wanderausstellung mit Begleitprogramm. Für solche Zwecke stellt üblicherweise der Bundestag selbst den Abgeordneten Material zur Verfügung. Mitarbeiter des Bundestag übernehmen dabei den Auf- und Abbau einer Ausstellung, die über Geschichte und Arbeitsweise des Parlaments informiert. Lötzsch meldete die Nutzung der Ausstellung an und vereinbarte mit einem Lichtenberger Einkaufszentrum den entsprechenden Zeitraum. Bis dato alles wie immer. Doch die Bundestagsverwaltung sagte kurzfristig ab. Das Büro der LINKEN habe sich auf erneutes Schreiben der Verwaltung nicht zurückgemeldet, lautete Begründung Nr. 1. »Weiterhin hat man uns mitgeteilt, die Ausstellung sei beschädigt«, sagt Sebastian Schlüsselburg, Lötzschs Wahlkampfleiter und stellvertretender Bezirksvorsitzender der Partei in Lichtenberg.

Daraufhin organisierte Lötzsch auf die Schnelle und auf ihre Kosten eine eigene Ausstellung über den Bundestag. Für die Schautafeln wurden offizielle Texte von der Website des Bundestages verwendet, die auch als solche ausgewiesen wurden, so Schlüsselburg gegenüber »nd«. Mit der Geschäftsführung des besagten Einkaufszentrums wurden die veränderten Bedingungen besprochen, man lud die anderen Parteien zur Eröffnung ein. Abwechselnd bekamen die Parteien Gelegenheit, z.B. per Bürgersprechstunde Wahlkampf zu betreiben. Was also ist das Problem der Grünen?

Anscheinend übernahm es die Bundestagsverwaltung selbst, den Plagiatsvorwurf in die Welt zu setzen. Doch die Kommunikationswege lassen sich in solchen Fällen nur schwer nachzeichnen. Fakt ist, dass Bezirksbürgermeister Andreas Geisel (SPD) per E-Mail das Management des Einkaufszentrums darüber informierte, die Schau sei »nicht die offizielle Ausstellung des Deutschen Bundestages«. »Die Bundestagsverwaltung recherchiert gerade nach dem Organisator/Plagiator der Ausstellung in Ihrem Center«, heißt es weiter in der E-Mail, die »nd« vorliegt. Die Geschäftsführung reagierte - im Gegensatz zu den Grünen - gelassen.

Wer genau der »Vertreter der Verwaltung des Deutschen Bundestages/Besucherreferat« nun ist, der Geisel über die »falsche« Ausstellung in Kenntnis setzte, ist nicht bekannt. Bekannt ist allerdings, dass die Lichtenberger SPD einen kurzen Draht in die Verwaltung des Deutschen Bundestages/Besucherreferat hat. Rainer Wiebusch ist Mitglied der Lichtenberger SPD und arbeit genau an dieser Stelle im Bundesparlament.

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