Solidarität mit Pussy Riot kostet

150 Euro Strafe für Störung einer heiligen Messe im Kölner Dom

  • Anja Krüger
  • Lesedauer: 2 Min.

30 Tage ins Gefängnis gehen oder 150 Euro zahlen - das ist der Preis, den Patrick H. für eine Solidaritätsaktion für die russische Band Pussy Riot während eines Gottesdienstes im Kölner Dom zahlen muss. Das Amtsgericht Köln verurteilte ihn an diesem Montag wegen Störung der Religionsausübung zu 30 Tagessätzen zu je fünf Euro.

Am 19. August 2012 stürmte eine Gruppe von Aktivisten den Altarraum des Kölner Doms - während des Pontifikalamtes, einer besonders heiligen Messe. Die Domschweizer, eine Art Kirchen-Security, beendeten die Solidaritätsaktion mit der feministischen Band Pussy Riot umgehend. Drei Mitglieder der Band waren einen Tag zuvor in Russland wegen eines »Punkgebets« in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden.

Das Strafmaß über 40 Tagessätze zu je 30 Euro auf Bewährung wegen Störung der Religionsausübung, versuchter Körperverletzung und versuchter Nötigung, akzeptierte Patrick H. nicht. Er ließ es auf ein Gerichtsverfahren ankommen, in dem sich der 36-Jährige selbst vertrat. Die Anklagepunkte auf versuchte Körperverletzung und versuchte Nötigung konnte er durch geschicktes Befragen der geladenen Zeugen ausräumen, so dass der Staatsanwalt sie fallen ließ.

Patrick H. nutzte den Prozess außerdem, um seine kirchenkritische Haltung detailreich vorzutragen. Rund eine Dreiviertelstunde trug er seinen Beweisantrag vor. Als er die enge Verbindung der katholischen Kirche mit dem Franco-Regime in Spanien beleuchtete, unterbrach ihn Richter Rolf Krebber: »Sie versprechen mir aber, dass wir irgendwann wieder beim Kölner Dom landen.« Patrick H. referierte unverdrossen weiter und schloss mit einer Betrachtung der engen Verknüpfung von Kirche und Staat in Deutschland. Seine Unterstützer auf den Zuschauerbänken klatschten. »Den Applaus haben Sie sich verdient«, würdigte Krebber die »beeindruckende Recherchearbeit«. Prozessrelevant sei sie nicht.

Eine Solidaritätsaktion mit Pussy Riot habe durchaus ihre Sympathie, betonten beide mehrfach. »Aber dafür muss ich nicht die heiligste rituelle Handlung katholischer Gläubiger aussuchen«, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Der Richter sah das auch so: »Eine Demonstration vor der Kirche wäre nicht strafrechtlich relevant gewesen.«

Bis zum kommenden Montag hat Patrick H. Zeit, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Möglicherweise sitzt er auch einen Teil der Strafe ab: »Dann habe ich mal die Gelegenheit, den deutschen Strafvollzug kennenzulernen.«

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