Werbung

Italienkrise: Märkte machen mobil - negativ

Politischer Niedergang verschärft wirtschaftlichen

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 2 Min.

Italiens Innenminister Angelino Alfano hat am Montag offiziell bestätigt, dass die von der Berlusconi-Partei PdL in die Regierung der Großen Koalition entsandten Minister zurücktreten werden. Sie begründen den Schritt damit, dass Regierungschef Enrico Letta den Koalitionsvertrag verletzt hat, indem er für den 1. Oktober eine Mehrwertsteuererhöhung von 21 auf 22 Prozent ankündigte. In Wirklichkeit geht es jedoch um die Rettung Silvio Berlusconis, dem noch diese Woche die Aberkennung des Senatssitzes droht. Außer den Ministern hatten auch die Abgeordneten aus Kammer und Senat mit Demission gedroht.

Allerdings räumte Alfano, der auch Sekretär der PdL ist, ein, er lasse sich nicht drohen. Es gäbe mit ihm keinen »zweiten Fall Boffo« mahnte er den Chefredakteur der Berlusconi-Zeitung »Il Giornale«, Alessandro Sallusti.

Dino Boffo war Journalist des katholischen »Avvenire«. In den Jahren 1994 bis 1998 hatte er Lebens- und Politikstil Berlusconis kritisiert und war daraufhin von dessen hauseigenem Blatt unter Führung Sallustis als homosexuell diffamiert worden. Boffo kündigte resigniert seine Stelle.

Darauf hinweisend erklärten Alfano und die vier anderen Minister der PdL, sie ließen sich nicht erpressen. Sallusti hatte am Montag in einem Leitartikel gedroht, die Minister, allen voran Alfano, würden Berlusconi in den Rücken fallen. Der Cavaliere hatte am Wochenende seine Parteifreunde zum Rücktritt gedrängt. Alfano hatte sich Bedenkzeit ausgebeten und darauf verwiesen, dass ein Fall der Regierung Italien in eine noch tiefere Krise stürze. Dies hatten aber weder Berlusconi noch seine Presse akzeptiert.

Die Märkte reagierten ausgesprochen negativ auf die Fortsetzung und Vertiefung der politischen Krise in Rom. Das Unwort heißt »Spread« - der Zinsunterschied zwischen italienischen und bundesdeutschen Staatsanleihen, stets verlässlicher Gradmesser für den Zustand Italiens. Der setzte zum (negativen) Höhenflug an, während die Börsenkurve das Mailänder Parkett in Richtung Keller durchschlug.

Der Präsident des italienischen Unternehmerdachverbandes Confindustria, Giorgio Squinzi, zeigte sich über die jüngste Entwicklung ebenso tief besorgt wie die Chefs der großen Gewerkschaften CGIL und CISL, Susanna Camusso und Raffaele Bonanni. Squinzi erklärte, Italien riskiere, unter strenge Aufsicht Brüssels gestellt zu werden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal