Mund abputzen und weitermachen

Dortmund verliert beim 0:2 in Gladbach drei Punkte und drei Spieler

  • Andreas Mohrbach, Mönchengladbach
  • Lesedauer: 3 Min.
Dortmunds Trainer Jürgen Klopp sieht von seiner Mannschaft »sensationelle« Dinge. Die spielentscheidende Aktion seines Verteidigers Mats Hummel zählt er nicht dazu.

An Ort und Stelle wollte der dunkelhaarige Unglücksrabe der Dortmunder lieber nichts sagen, drei Stunden nach dem schrägen 0:2 in Mönchengladbach war Mats Hummels dann aber bereit zu einem Statement. Zumindest via Facebook, wo der 24-Jährige, mittlerweile in den gewohnten westfälischen Dunstkreis zurückgekehrt, seine Gedanken ordnete. Oder es zumindest versuchte.

»Keine Ahnung, was man dazu sagen soll«, startete Hummels, ließ drei nachdenkliche Pünktchen folgen, ehe er mit seiner schriftlichen Analyse fortfuhr: »Bittere Kiste und ein Kandidat für die Top 3 der unverdientesten, unnötigsten und unglücklichsten Niederlagen.« So weit dies, dann wandte sich der Abwehrchef des BVB jener Szene zu, in der er der Partie im Borussia-Park selbst die entscheidende Wendung gab. Mit seinem Foul an Gladbachs Havard Nordtveit, zehn Minuten vor dem Abpfiff.

Hummels sah für seinen ungeschickten Tritt in die Beine des Norwegers Rot. Es war sein erster Platzverweis im 156. Bundesligaspiel - und als Hummels mit gequältem Lächeln und gesenktem Kopf das Spielfeld verlassen hatte, traf Nationalmannschaftskollege Max Kruse per Strafstoß zum 1:0. Fünf Minuten später streckte Raffael die Dortmunder mit dem 2:0 endgültig nieder - und Hummels jammerte später via die sozialen Netzwerke: »Das Spiel müssen wir schon lange gewonnen haben, als es zum Elfmeter kommt.«

45 Minuten lang spielte der mutmaßlich einzig ernstzunehmende Bayern-Herausforderer die prinzipiell heimstarken Gladbacher in Grund und Boden. Auf 17:1 Torschüsse pro Dortmund kamen die Statistiker in der ersten Halbzeit, am Ende stand die Quote bei 27:6. Er habe von seiner Elf »sensationelle Dinge« gesehen, erzählte BVB-Coach Jürgen Klopp und betonte: »So eine Überlegenheit gegen eine so gute Mannschaft habe ich selten gesehen.«

Das mit der »so guten Mannschaft« wollte Lucien Favre jedoch nicht unkommentiert stehen lassen. »Wir waren fast katastrophal«, fiel dem Trainer der Niederrheinischen zur ersten Halbzeit ein. Denn: »Wir haben viel zu langsam agiert, viel zu langsam gedacht.« Ganz im Gegensatz zu den Dortmundern, bei denen nicht zuletzt Mats Hummels prächtig antizipierte, indem er die Ansätze eines Gladbacher Spielaufbaus oft schon auf Höhe der Mittellinie rustikal unterband.

Und wie es sich für die tragische Figur in solch einem Spiel gehört, vergab Hummels von den nicht immer hochkarätigen, aber sehr zahlreichen BVB-Chancen die allergrößte: In der 16. Minute kam er bei einem unglaublichen Durcheinander im Strafraum der Gastgeber frei zum Schuss, scheiterte aber an dem anderen, dem gegen den bisherigen Tabellenführer überragenden MAtS: Gladbach-Keeper Marc-André ter Stegen.

In der Vorwoche hatte Hummels (»Beim DFB sieht man Kritik nicht gern«) bereits mit einem Interview auf sich aufmerksam gemacht, in dem er unter anderem kundtat, er müsse sich sein Standing in der DFB-Auswahl »härter erarbeiten als andere«. Weil er ähnlicher Meinung ist, hatte sich sein Trainer zuletzt mächtig für den Innenverteidiger ins Zeug gelegt. Nach der ersten Ligapleite in dieser Saison stand Jürgen Klopp danach allerdings nicht der Sinn.

Die fragwürdige Regel einer Doppelbestrafung mit Strafstoß plus Platzverweis wie im Fall Hummels? »Es ist, wie es ist. Bei Torhütern finde ich es noch schlimmer. Das ist aber grundsätzlich heute nicht mein Thema«, sagte Klopp kurz angebunden. Schließlich hatte der 46-Jährige neben einem verdaddelten Sieg die Verletzungen seiner defensiven Mittelfeldkräfte Nuri Sahin und Sven Bender zu beklagen. Und den beim nächsten Heimspiel gegen Hannover zwangspausierenden Abwehrchef.

»Mund abputzen, weitermachen«, empfahl Mats Hummels da erst mal via Facebook und erwähnte, er werde »den Jungs die Daumen von oben drücken«. Von oben, von der Tribüne aus, meinte er.

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