Helmpflicht in der Universität

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Mittwoch begannen die Koalitionsverhandlungen von SPD und Union. Ein Streitpunkt wird die Finanzierung von Bildung sein. Während des Wahlkampfs schwebte der SPD als Finanzierungsmöglichkeit Steuererhöhung für Reiche vor. In dem jetzt vorliegenden Zehn-Punkte-Plan für die Verhandlungen ist nur noch unspezifisch von »Investitionen in Bildung« die Rede. CDU und CSU, von jeher nicht auf Steuererhöhung gut zu sprechen, nutzten sofort den ihnen gelassenen Spielraum und bekräftigten ihr kategorisches Nein zu höheren Steuern. Man darf neugierig sein, ob und wie viel am Ende in Bildung investiert, vor allem wer zur Kasse gebeten wird.

Zuvor hatten die Grünen ihre interne Auseinandersetzung. Ausgerechnet der Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, wollte so schnell wie möglich das gut ausgearbeitete grüne Steuerkonzept ad acta legen. Dabei hat das Land Einnahmen bitter nötig. Laut dem Portal stuttgarter-nachrichten.de führte die »geplante Streichung von 11 600 Lehrerstellen zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition im Landtag.« Bereits im Sommer kündigte laut spiegel-online.de die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer an, »rund 500 Studienplätze und 50 Professorenstellen zu streichen, um vier bis fünf Millionen Euro im Etat zu erwirtschaften.«

Wie marode die Universitätslandschaft insgesamt ist, wird auf zeit.de deutlich. Unter dem Titel »Hilfe, die Uni stürzt ein!« werden eine Reihe von Hochschulen aufgelistet, die dringenden Investitionsbedarf haben. Zum Beispiel die Uni Erlangen: »Über Nacht waren mehrere Kilo Putz aus der Decke gebrochen. Faustgroße Brocken zerstörten Computer und zerschlugen stehen gebliebene Untertassen, die Schreibtische waren am Morgen mit Schutt und Staub bedeckt. Seitdem besteht Helmpflicht im Gebäude der Philosophischen Fakultät, länger als 30 Minuten darf sich dort niemand aufhalten.« Ähnlich die Situation an der Uni Bochum: »Dort brach in diesem Jahr bei den Vorbereitungen des Sommerfestes ein Gabelstapler auf dem zentralen Platz der Uni ein und musste geborgen werden.« Genannt werden auch Zahlen. So müsste Bremen »162 Millionen Euro für die Sanierungsarbeiten aller akademischen Bauwerke aufbringen.« In Niedersachsen sieht man einen Bedarf von »2,8 Milliarden Euro für Reparaturen der gesamten Infrastruktur an den Hochschulbauten« und die Uni Kiel spricht von »165 Millionen Euro«, die sie für die Sanierung des Kieler Campus benötigt: »›Die Mängel reichen von Schimmelbefall wegen undichter Wände über veraltete Leitungs- und Heiztechnik bis hin zu kaputtem Mobiliar in Hörsälen. Auch unterirdische Kanäle und Leitungsschächte sind campusweit sanierungsbedürftig‹, sagt der Sprecher der Uni Boris Pawlowski.« Diese Beispiele sind nur die Spitze eines Eisberges. Es fehlt Geld für bauliche Maßnahmen an Schulen, Kitas und Spielplätzen genauso wie für Inklusion, frühkindliche Bildung und Aus- und Weiterbildung.

So wäre es mehr als schön, wenn sich SPD und Grüne ihrer Steuerkonzepte erinnerten und die parlamentarische Mehrheit suchten. Unter Rot-Rot-Grün könnte Bildung besser finanziert werden, auch wenn klar ist, dass eine parlamentarische Mehrheit noch keine gesellschaftliche ist und man mit Gegenwind zu rechnen hätte. Doch der Bildung täte hier Parteilichkeit im wahrsten Sinne des Wortes gut. Oder schlicht: Versuch macht klug.

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