BER stürzt in neues Finanzloch

Kosten für den Hauptstadtflughafen könnten auf fast sechs Milliarden Euro steigen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Hauptstadtflughafen soll 1,1 Milliarden Euro mehr kosten als zuletzt geplant. Die BER-Gesellschafter wissen noch von nichts.

Der Bund der Steuerzahler errechnete Kosten in Höhe von fünf Milliarden Euro, die Brandenburger Grünen von 5,4 Milliarden: Laut »Bild«-Zeitung wird der BER sogar 5,7 Milliarden Euro teuer (inklusive u.a. Flughafenbahnhof und Straßenbau). Sie bezieht sich auf den Bericht eines Projektsteuerers, der einen Mehrbedarf von 1,1 Milliarden Euro diagnostizierte. Nachdem die drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund nach der geplatzten Eröffnung vor einem Jahr 1,2 Milliarden Euro nachschießen mussten, ging man von 4,3 Milliarden Euro Gesamtkosten aus, was schon mehr als doppelt so hoch lag wie bei Baubeginn im Jahr 2000.

Jetzt wird das nächste Rettungspaket fällig. Die Mehrkosten sollen sich nach Angaben des Projektsteuerers WSP/CBP u.a. aus weiteren Planungs- und Baumaßnahmen (170 Millionen Euro), der längeren Sicherung und Bewachung der Baustelle (240 Millionen), dem besseren Schallschutz für die Anwohner (290 Millionen) und Prognoseerhöhungen (125 Millionen) ergeben. Außerdem wird für mögliche Schadensersatzklagen ein Risikopuffer von zusätzlich 205 Millionen Euro empfohlen.

Weder die Flughafengesellschaft noch die Mitglieder des Aufsichtsrates Rainer Bomba (CDU) und Rainer Bretschneider (SPD) wollten am Freitag die Zahlen bestätigen. Brandenburgs Flughafenkoordinator Bretschneider, der noch vor wenigen Tagen selbst vor steigenden Kosten gewarnt hatte, wies sie jetzt als »Spekulation« zurück. Den Bericht kenne er nicht - entscheidend sei, was die BER-Geschäftsführung Mitte Dezember vorlegen werde.

Ähnlich äußerte sich Verkehrsstaatssekretär Bomba. »Das ist alles Kaffeesatzleserei«, erklärte er vor der Sitzung des BER-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus, zu dem er gestern geladen war. Der aktuelle Kostenstand liege bei 4,3 Milliarden Euro. »Wir wissen aber, dass es mehr werden kann.« Die zuletzt nachgeschossenen 1,2 Milliarden Euro seien aber erst etwa zur Hälfte ausgeschöpft. Bomba verwies auf die Aufsichtsratssitzung am 13. Dezember, zu der die Geschäftsführung dem Kontrollgremium neue Zahlen vorlegen soll. »Ich könnte mir vorstellen, dass wir Anfang nächsten Jahres mit Eröffnungstermin und Kosten an die Öffentlichkeit gehen«, kündigte er an. Sollte der Flughafen dann neues Geld benötigen, könnte es Probleme mit der EU geben. Die müsste die neuerliche Finanzspritze genehmigen, was angesichts der mutmaßlichen Höhe nicht sicher erscheint.

Bomba korrigierte auch Flughafenchef Hartmut Mehdorn, der die Stillstandskosten für den BER mit 35 Millionen Euro pro Monat angegeben hatte. Laut Bomba sind es »nur« 17 Millionen, da von der Summe die nicht benötigten Betriebskosten abgezogen werden müssten.

Im BER-Untersuchungsausschuss machte Bomba die inzwischen abgelöste Geschäftsführung für das Debakel verantwortlich. Sie habe den Aufsichtsrat falsch informiert, kein realistisches Bild von der Baustelle vermittelt und sei überfordert gewesen. Noch 20 Tage vor der dann geplatzten Eröffnung Anfang Juni 2012 habe man versichert, das alles fertig werde, obwohl es die Spatzen schon ganz anders von den Dächern pfiffen. »Vielleicht hätten wir den einen oder anderen Bauarbeiter in die Sitzung holen müssen«, witzelte Bomba. Aus seiner Sicht sitze im Aufsichtsrat aber eine gesunde Mischung aus technischem und kaufmännischem Sachverstand. Er selbst habe als Diplomingenieur schon gesehen, dass die Entrauchungsanlage »gegen die Physik« gebaut worden sei. Aber die Geschäftsführung habe gesagt, es gebe eine Lösung, »und ich bin nicht bösgläubig«.

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