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Unfallversicherung: Muss die Kasse für einen Muskelfaserriss zahlen?
An diesem Tag ging beim Schreinermeister einiges zu Bruch:
Mit einem Mitarbeiter lud er eine 90 Kilo schwere Glasscheibe von einem Transporter. Als sich der Vorangehende etwas zu schnell bewegte, drohte die Scheibe umzukippen und auf den Boden zu schlagen. Der Schreiner sprang von der (ca. 50 cm hohen) Transportfläche und versuchte gleichzeitig, die Scheibe hochzureißen. Alles umsonst. Die Scheibe zerbrach, und der Schreiner spürte im gleichen Moment stechende Schmerzen im Rücken und in der linken Wade. Sein Arzt stellte einen Muskelfaserriss in der Wade fest und schrieb den Mann für knapp drei Monate krank.
Etwas später begann auch noch der rechte Arm zu schmerzen. Zwei Bandscheibenvorfälle wurden diagnostiziert, der Schreinermeister musste operiert werden. Für die Behandlungskosten verlangte er nun Geld von seiner Unfallversicherung. Aber war das »Ereignis« überhaupt ein Unfall?
Der Versicherer sagte nein, doch das Oberlandesgericht Koblenz bejahte die Frage (10 U 586/04).
Solange bei einer Kraftanstrengung die Bewegung des Körpers willentlich gesteuert werde, könne man nicht von Unfall sprechen, wenn sich eine Person dabei verletze.
Im konkreten Fall sei aber die Glasscheibe außer Kontrolle geraten. Die Eigendynamik der schweren Isolierglasscheibe (80 bis 90 kg) habe den Versicherungsnehmer zu einer unerwarteten, ungewollten Bewegung genötigt und ihn ins Straucheln gebracht. Deshalb sei das Ganze als Unfall anzusehen, für den die Unfallversicherung einspringen müsse.
Für die medizinische Behandlung der Bandscheibenvorfälle müsse sie allerdings nicht zahlen: Denn im Vertrag seien Bandscheibenschäden grundsätzlich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen - außer, sie seien eindeutig und direkt auf einen Unfall zurückzuführen. Das habe de...
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