Was macht Berlins jüngster Politiker?
Interview mit Bjoern Tielebein aus Hellersdorf
Als junger Mensch kann ich Erfahrungen, Wünsche und Forderungen Jugendlicher in die politsche Arbeit einbringen. Ich kenne Jugendclubs als Besucher. Dieses Wissen kann ich nutzen, wenn die Frage steht, ob dieser oder jener Club aus finanziellen Gründen geschlossen werden muss. Die PDS wird natürlich immer alles Mögliche dafür tun, dass Jugendeinrichtungen offen bleiben.
ND: Wie sind Sie zur PDS gekommen?
Für die Partei habe ich mich an meinem 16. Geburtstag entschieden. Tatsächlich eingetreten bin ich dann Weihnachten 1999. Hauptanstoß war der NATO-Krieg gegen Jugoslawien. Ich wollte mitreden und Verantwortung übernehmen. Einfach nur zusehen und in der Schule sagen, dass Krieg Scheiße ist, war mir zu wenig.
ND: Wie finden Ihre Eltern das politische Engagement?
Sie unterstützen und fördern mich. Meine Eltern waren nie in der SED, aber immer sozialistisch eingestellt. Mein Vater ist jetzt in die PDS eingetreten.
ND: Er wurde erst nach Ihnen PDS-Mitglied?
Ja, ich habe ihn überredet.
ND: Wie kam es zur Kandidatur?
Ich war in politischen Kreisen bekannt, weil ich in Marzahn-Hellersdorf die Bezirksgruppe des PDS-nahen Jugendverbandes Solid mit aufgebaut habe. Bei einem Jusotreffen sagte dann der junge SPD-Bezirksverordnete Sven Kohlmeier zu mir: »Du, komm mal in die BVV, wird lustig«. Später fragte jemand von den Jusos unsere PDS-Bezirksgeschäftsführerin: »Und, kandidiert der Bjoern nun?« Die Geschäftsführerin kam zu mir und wollte wissen, ob an dem Gerücht was dran ist, dass ich kandidieren möchte. Daraufhin entschloss ich mich, es wirklich zu versuchen.
ND: Was würden Sie machen, wenn Sie Jugendstadtrat wären?
Ich würde einen Jugendbeirat ins Leben rufen, der das Bezirksparlament berät. In dem Beirat sollten 20 Jugendliche aus allen sozialen Schichten sitzen. Aber um das zu erreichen, muss ich nicht Stadtrat sein. Ich werde mir dafür in der BVV Verbündete suchen. Etwa Sebastian Czaja (CDU) und Felix Frenzel (SPD). Die sind ebenfalls 18 Jahre und nach mir die jüngsten Bezirksverordneten Berlins. Wenn wir schon das Glück haben, dass die drei jüngsten Bezirksverordneten der Stadt in der BVV Marzahn-Hellersdorf sitzen, dann sollten wir das auch nutzen und uns zusammentun. Allerdings bin ich natürlich in erster Linie Fraktionär der PDS.
ND: Warum sitzen die drei Jüngsten ausgerechnet in Marzahn-Hellersdorf?
Bei 93000 Kindern und Jugendlichen im Bezirk ist das schon gerechtfertigt.
ND: Sie haben Wahlkampf im Wahlkreis Gregor Gysis gemacht. Sollte Gysi sein Direktmandat behalten?
Ich denke ja. Viele Wähler Gysis in Mahlsdorf-Kaulsdorf wollten jemanden im Abgeordnetenhaus haben, der ihre Interessen vertritt. Wenn Gysi sein Mandat abgibt, rückt Evrim Baba von der Landesliste nach- und die ist aus Neukölln.
ND: Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Ich möchte Politik studieren oder Lehrer für Deutsch und Geschichte werden. Falls ich mich mal um einen Sitz im Abgeordnetenhaus bewerbe, will ich auf jeden Fall vorher ein paar Jahre in einem Beruf gearbeitet haben.
ND: Was machen Sie, wenn Sie keine Politik machen?
Ich gehe jeden Mittwoch schwimmen und spiele Theater. Einer Freundin habe ich versprochen, mit ihr an der Volkshochschule einen Kurs für Standardtänze zu besuchen.
Fragen: Andreas Fritsche
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