Die Hoffnung trog
Es war die Zeit, in der auch das verrückteste Geschehen kaum noch jemanden überraschen
konnte. Soldaten streikten, Offiziere suchten verzweifelt die Wachen am Munitionsbunker und stellten sich schließlich selbst davor. Befehle überholten sich, bevor sie überhaupt in der Truppe ankamen. Ein professioneller Gottesanbeter amtierte als Verteidigungsminister und beschwätzte die Berufssoldaten, dass sich Bibeln bogen. Inmitten dieser chaotischen Zeit vor zehn Jahren gab es in der Rostocker Heide ein Örtchen namens Schwarzenpfost - 450 000 Quadratmeter NVA pur. Hier kommandierte Fregattenkapitän Klaus-Peter Gödde sein Küstenraketenregiment (KRR-18) samt etwa 250 höchst geheimen Boden- Schiff-Raketen. Seine Aufgabe bestand darin, im Kriegsfalle aus einem zehn Kilometer breiten Küstenstreifen von zehn selbstfahrenden Startrampen aus gegnerische Überwasserziele zu bekämpfen. Gödde berichtet aus dem Klaus-Peter Gödde: Eine Elite-Einheit der NVA rüstet ab. Edition Ost, Berlin. 331 S., br., DM
Truppenalltag zwischen dem Herbst 1989 und dem Frühjahr 1991. Länger als anderswo funktionierte hier der ganz gewöhnliche Dienst zwischen Wartung der Technik und Raketen-Übung. Doch dann verbreitete sich auch hier Unsicherheit. Wird man in die Bundeswehr über nommen?
Die Hoffnung nährte sich daraus, dass das Regiment als Elite-Truppe galt und in der NATO ihresgleichen suchte. Die Hoffnung trog. Gödde schildert die Schicksale seiner Leute und sein eigenes schließlich von Erfolg beschiedenes Mühen, in der privaten Wirtschaft unterzukommen. Das Buch bezeugt, dass die vielfach gepriesene, in den Streitkräften angeblich einzigartig vollzogene deutsche Einheit ein PR-Gag der Bundeswehrgeneralität war.
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