Neuer Bezug für ein altes Sofa

In der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten möbeln 50 Restauratoren alte Stücke auf

  • Katja Holzhei
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Auf einem Podest mitten im Raum steht das über 170 Jahre alte Sofa. Diana Zill hat gerade den Seidendamast heruntergezogen und begutachtet nun das Möbelstück. Viel zu sehen gibt es für den Laien nicht: nur eine mit grobem Baumwolltuch bezogene Couch und darauf graue Flusen, die aus Rissen in der Polsterung quellen. Aber Zill ist ja kein Laie, sondern eine Expertin. Bei den Flusen handelt es sich um Rosshaar - ein historisches Füllmaterial, erklärt die Restauratorin in der Textilwerkstatt der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten im Potsdamer Neuen Garten. Die 27-Jährige streicht vorsichtig über einen Riss. »Die werden zugenäht, bevor der neue Stoff aufgezogen wird.« Die junge Frau hat sich darauf spezialisiert, alte Textilien wie Möbelbezüge, Kleider, Vorhänge oder Bettdekorationen wieder herzurichten. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts beschäftigte Kurfürst Georg Wilhelm Hoftapezierer zur Pflege und Bewahrung von Textilien. Diese Leute ersetzten zum Beispiel zerschlissene Gewebe durch Kopien oder Stoffe im Zeitgeschmack und dekorierten die Schlossräume mit Wandbespannungen. In der Tapezierer-Werkstatt wurden gut erhaltene Gewebeteile zum Ausbessern und zur Aufbewahrung gelagert. Daraus entwickelte sich Ende der 1960er Jahre die heutige Textilrestaurierung in Potsdam. Das Möbelstück auf dem Podest, Diana Zills aktueller Pflegefall, stammt aus dem Berliner Schloss Bellevue und braucht dringend neue Kleider. Herrschaftliche Hinterteile und der Zahn der Zeit haben den Bezug abgenutzt. Um ihn abnehmen zu können, musste jeder Nagel vorsichtig mit der Hand herausgezogen werden. Zwei Wochen dauerte allein diese Arbeit. Es ist genau aufgezeichnet worden, wo die einzelnen Nägel steckten, damit der Stoff beim Aufpolstern wieder an den richtigen Stellen befestigt werden kann. Dafür benutzt man einen Tucker. Das sei schonender für Stoff und Holz als die historische Methode, bei der man mit dem Hammer zuschlug, erläutert Zill. Bei der Schlösser-Stiftung sind über fünfzig Restauratoren tätig. Neben der Textilwerkstatt gibt es Arbeitsstätten für Gemälde, Skulpturen, Holz und Papier, Metalle, Porzellan, Wandbilder und textile Raumausstattungen. Alle Fachbereiche arbeiten eng zusammen. Das herrschaftliche Sofa zum Beispiel bekam bereits in der Holzwerkstatt einen neuen Anstrich. Zurück bei Diana Zill wurde der alte Bezug unter dem Mikroskop analysiert, damit der neue Stoff möglichst originalgetreu hergestellt werden kann. »Manchmal ist vom Original nicht mehr übrig als ein paar Fasern oder ein winziges Stück Stoff«, erzählt Hannelore Hein, die Leiterin der Textilwerkstatt. Dann ist Detektivarbeit gefragt. Im Falle des Sofas war das allerdings kein Problem. Zill fand drei Lagen Stoff auf dem Möbelstück. Nachbilden lassen die Restauratoren nur die obere Schicht, altrosa Seide mit Blumenmuster. Gewebt wird der neue Bezug in Lyon. Von dort kamen schon unter Kaiser Wilhelm II. Gewebekopien für die preußischen Schlösser. Ungefähr einen Monat braucht die Restauratorin Diana Zill zum Aufpolstern. »Kaputt gehen sollte dabei nichts.« Kleinere Risse könne man zwar geschickt unter Falten vernähen, bei größeren Schäden müsse jedoch Stoff nachbestellt werden. Das aufgemöbelte Sofa wird man ab 14. April im dann neu eröffneten Potsdamer Marmorpalais bewundern können. Obwohl die Sprungfedern etwas durchgesessen sind, sei di...

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