Simulierte Geschäftswelt

Marzahner Übungsfirma bereitet 25 Auszubildende praxisnah auf das Berufsleben vor

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Sie simulieren die reale Geschäftswelt: Sie stellen Mitarbeiter ein, geben Bestellungen auf, schreiben Rechnungen und werben für ihre Waren. Die »Berliner-Trade GmbH« ist eine Übungsfirma. 25 Auszubildende werden an der Wolfener Straße in Marzahn praxisnah unter Anleitung erfahrener Pädagogen für das Berufsleben fit gemacht. Ein langer Flur führt zum Sekretariat. Aber der Weg dorthin wird nicht langweilig. Denn die Wände sind beklebt mit vielen Informationen. Da hängen bunt gestaltete Tafeln, die dem Besucher den Aufbau des Unternehmens erklären. Das besteht aus sechs Abteilungen: Sekretariat, Personalwesen, Lager, Materialwirtschaft, Absatz und Verkaufstelle. Die Türen der einzelnen Bereiche sind stets weit geöffnet. So kann jeder sehen, was der andere gerade macht. Außerdem wirkt alles transparenter und die Hemmschwelle, einen anderen Raum zu betreten, sinkt. »Ich fühle mich sehr wohl in der Firma, auch weil man unter Gleichgesinnten lernt«, sagt Mary-Ann. Wie ihre Kommilitonen ist sie im ersten Ausbildungsjahr. Sie hofft, nach drei Jahren ihren Abschluss als Kauffrau für Bürokommunikation in der Tasche zu haben. Bis dahin ist es allerdings ein langer Weg. Die Jugendlichen pendeln zwischen Schule, Betriebspraktikum und Übungsfirma. Doch schon nach den ersten Wochen schätzt Mary-Ann ein, dass sie durch »das Dreigespann« mehr praktische Erfahrungen sammeln kann, als andere. Zudem fühlt sie sich in der Übungsfirma gut aufgehoben. »Weil Pädagogen und Jugendliche ein gutes Team ergeben und auch schulische Probleme gemeinsam gelöst werden«, erklärt die junge Frau. Sie kam durch die Agentur für Arbeit zur VHS-Bildungswerk für Brandenburg und Berlin GmbH, dem Träger der Übungsfirma. »Ausschließlich über diesen Weg erhalten wir die Azubis«, betont Katrin Böhm, eine der beiden Geschäftsführerinnen der »Berliner Trade GmbH«. Die jungen Leute gelten als schwer vermittelbar, weil sie beispielweise schlechte Schulabschlüsse haben oder allein erziehend sind. Auf jeden Fall geben die 16- bis 27-Jährigen in der Übungsfirma ihr Bestes, versichert Katrin Böhm. »Es macht Spaß, hier zu arbeiten, wir übernehmen Verantwortung und trauen uns von vornherein mehr als in einem echten Unternehmen«, sagt Ramona. Die nächsten drei Monate befindet sich ihr Arbeitsplatz im Sekretariat. Dann wechselt sie in eine andere Abteilung, so sieht es das Konzept vor. Also wird die junge Frau Telefonate entgegennehmen, Faxe versenden, kopieren und beispielsweise den Lager-Mitarbeitern die Bedarfsanforderungen anderer Unternehmen überbringen. »Wir arbeiten deutschlandweit mit Übungsfirmen zusammen«, sagt Geschäftsführerin Böhm. »Aber Geld- und Warentransfer sind simuliert.« Für Besucher wirkt der Ablauf dennoch echt. Am Computer schreiben die Azubis Anforderungen an das Lager, dort wird überprüft, ob die Waren vorhanden sind und wenn nicht, muss die Materialwirtschaft bestellen. In dicken Ordnern stapeln sich die geschäftlichen Verbindungen. Seit dieser Woche gibt es am Ende des Korridors eine echte Verkaufsstelle, die dem jugendlichen Personal wiederum zum Üben dient. Der 20-jährige Steffan leitet die Abteilung und hat mit seinem Verkaufsteam Süßigkeiten, Suppen und Säfte geordert. Etwa 80 Übungsfirmen sind in Deutschland aktiv. Interessenten können sich vor Ort an der Wolfener Straße 36 umschauen. Telefon: 93 49 07 46.
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