Von BRIXMIS bis SOXMIX

Die geheimen Militärmissionen im Kalten Krieg

  • Franz-Karl Hitze
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Schon am 14. November 1944 - der Krieg tobte noch heftig - schlossen die Alliierten, die Amerikaner, Briten und Sowjets, ein Abkommen (dem später auch Frankreich beitrat), in dem festgelegt wurde, dass jeder Oberbefehlshaber in seiner künftigen Besatzungszone Deutschlands Vertreter der Heeres-, Luftwaffen- und Marine-Einheiten der jeweils anderen Oberbefehlshaber für Verbindungsaufgaben zur Seite gestellt bekommt. Die Briten nannten ihre Mission kurz BRIXMIS, die Sowjets SOXMIS, die Amerikaner sprachen von USMILM und die Franzosen von MMFL. Auch anderen Teilnehmern der Antihitlerkoalition, so Polen, die CSSR und Jugoslawien, wurde das Recht eingeräumt, Militärmissionen in Deutschland zu unterhalten. Wenig bekannt dürfte sein, dass der Skandinavien-Emigrant und spätere erste sozialdemokratische Bundeskanzler Willy Brandt 1947 in Berlin Presseattaché an der norwegischen Militärmission war.
Die Briten und Franzosen hatten ihre Zelte in Potsdam aufgeschlagen, die Amerikaner in Neufahrland bei Potsdam und die Sowjets in Frankfurt (Main), Baden-Baden und Bünde. Zu den Aufgaben der Militärmissionen gehörten mit dem Ausbruch des Kalten Krieges und der Gründung der beiden deutschen Armeen das Sammeln von Informationen über Struktur, Personalstärke, militärische Ausrüstung und moralischen Zustand sowie das Ausspionieren der Führungs-, Kontroll- und Kommunikationssysteme der verschiedenen Kommandoebenen des jeweiligen »Gegners«. Für alles interessierten sich die Spione in Uniform: für die neueste Militärtechnik, für Kasernen, Depots, Flugplätze, Munitionslager, Raketenstellungen, Truppenübungsplätze. Die Ostseite war begierig, viel über das Zusammenwirken alliierter Verbände mit der Bundeswehr zu erfahren, die Westseite wiederum über NVA und Warschauer Vertrag.
Klaus Behling hat jahrelang recherchiert und zahlreiche Zeitzeugen interviewt, um ein dramatisches Stück der Nachkriegsgeschichte aufschreiben zu können. Er skizziert den polit-historischen Hintergrund. Und berichtet, dass die MILMIS sowohl Adenauer wie auch Ulbricht ein Dorn im Auge waren. Zwischenfälle mit Missionspersonal waren Anlass zu Kritik. Ulbricht schrieb mehrere Briefe an Chruschtschow und schlug vor, »die Vereinbarungen zwischen der UdSSR und den Westmächten über die Militärmissionen der Westmächte auf dem Territorium der DDR« aufzuheben. Der Mann im Kreml lehnte ab. Behling informiert auch über den geheimen Luftkrieg über der DDR, erinnert u. a. an den Abschuss eines US-Aufklärers vom Typ 66C im März 1964 durch MIG-19.
Zwei Tage vor der deutschen Einheit wurden die Militärmissionen aufgelöst. Am 1. Oktober 1990 wurde die Stars-and-Stripes-Flagge in Neufahrland eingeholt, die Briten »feierten« das Ende ihrer BRIXMIS in einem Wald bei Berlin mit einem Picknick. Die Franzosen hatten es besonders eilig und räumten schon am 30. Juni 1990 ihr Gelände. Die Offiziere und Soldaten der sowjetischen Militärmissionen im Westen zogen erst zum Jahreswechsel 1990/1991 ab.

Klaus Behling: Spione in Uniform. Die Alliierten Militärmissionen in Deutschland. Verlag H...

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