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Regenbogen-Stele auf dem Nollendorfplatz

Lesbisch-schwule Szene zeigt Selbstbewusstsein Von Axel Schock, ddp

  • Lesedauer: 3 Min.

Das Viertel um den Nollendorfplatz in Schöneberg hat Tradition. Bereits in den zwanziger Jahren gab es dort unzählige Lesben- und Schwulenbars. Im «Eldorado» als dem legendärsten Treff versammelte sich die Creme de la Creme der Ber liner Prominenz von Film und Bühne. Hier saßen UFA-Stars neben kokainver schnupften Nachtmenschen und erlebnishungrigen Provinzlern auf der Suche nach Abenteuern. Klaus Mann setzte dem Lokal in seinem Memoiren ein literarisches Denkmal, Otto Dix zeichnete die Gäste, und der englische Literat Christopher Isherwood, der um die Ecke in einer Pension wohnte, war Stammgast. In seinem Roman «Lebwohl Berlin», Vorlage für das Musical «Cabaret», gab er diese bemer kenswerte Stimmung des umtriebigen Viertels zwischen Motz Fugger und Kaikreuthstraße wieder.

Das «Eldorado» wurde 1933, wie viele andere Homosexuellenlokale auch, von den Nazis geschlossen. Die lesbischschwule Geschichte dieses Stadtviertels allerdings konnte damit nicht ausgelöscht werden. Auch heute gehört der Kiez zu den wichtigsten der Homosexuellenszene der Stadt. Auf engstem Raum finden sich in diesem schwul-lesbischen «Bermuda- Dreieck» rund 50 Lokale und Geschäfte - vom einschlägigen Reisebüro bis zu Boutiquen und Friseursalons. Auch der Infoladen «Mann-O-Meter», zentrale Auskunftsstelle und Kontaktpunkt für Touristen wie Einheimische, ist hier ansässig:

Zum Auftakt des am Wochenende bereits zum siebten Male stattfindenden lesbisch-schwulen Straßenfestes, zu dem wie in den Vorjahren mehrere Hunderttausend Besucher erwartet werden, wird am 16. Juni eine «Regenbogen-Stele» auf dem Vorplatz des ehemaligen Metropol-Theaters enthüllt. Die sechseckige Metallstele des international renommierten Berliner Künstlers Salome, die in ihrer Form einem Bleistift gleicht, trägt die Farben des Regenbogens, das weltweite Symbol der homosexuellen Bürgerrechtsbewegung. Die rund 1,5 Meter lange Spitze hingegen ist rosafarben und weist auf den rosa Winkel hin, den die Schwulen in den Konzentrationslagern tragen mussten. Ein Gedenk stein gegenüber der Stele am U-Bahnhofsgebäude Nollendorfplatz mit der Aufschrift «Totgeschlagen totgeschwiegen» erinnert bereits seit einigen Jahren an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Initiiert wurde das 4,50 Meter hohe Kunstwerk vom «Regenbogenfonds», einer Initiative schwuler Geschäftsleute des Viertels, die sich um die Finanzierung kümmerten. Der Künstler verzichtete zudem auf sein Honorar. Während im Vor jähr das Bezirksamt noch den-Vorschlag des Lesben- und Schwulenverbandes ablehnte, auf dem Nollendorfplatz ganzjährig an einem Fahnenmast die Regenbogenfahne wehen zu lassen, stimmten nun alle Fraktionen der Errichtung dieses Kunstwerkes zu. Bezirksverordnete wie die Organisatoren des Projektes hoffen gleichermaßen, dass sich die Stele bald schon zu einem international bekannten Wahrzeichen entwickelt. «Die Regenbogen-Stele ist nicht nur ein Kennzeichen des lesbisch-schwulen Traditionskiezes in Schöneberg», sagt Mitinitiator Gerhard Hoffmann, «sondern auch ein Symbol des gewachsenen Selbstbewusstseins der Homosexuellen und ein Signal an alle, dass wir uns nicht aus der Gesellschaft ausgrenzen lassen.»

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