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  • Politik
  • ?III.U.I.I.U.IJ.I.IH.I.I Abbau von Vorurteilen

und Diskriminierungen

Internationale Jugendbegegnungswoche in Buchenwald beendet

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Peter Liebers

Die von der EU und dem Thüringer Justizministerium unterstützte Aktion sollte einen Beitrag zum gegenseitigen Verstehen leisten und Vorurteile und Diskriminierungen im zusammenwachsenden Europa abbauen helfen.

Am Beginn habe die Auseinandersetzung mit Stigmatisierung, Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung von Menschen während der NS-Zeit gestanden, sagte der Chef der Jugendbegegnungsstätte in der Gedenkstätte Buchenwald, Dr. Helmut Rook, dem ND Die 25 Teilnehmer hätten in Diskussionen Möglichkeiten und Grenzen von Gedenkstätten in der präventiven Arbeit ausgelotet. Außerdem sei über Erfahrungen in der pädagogische Arbeit gegen Ausländer feindlichkeit und Rechtsextremismus debattiert worden.

Er sei im College selbst Opfer von Gewalt geworden, berichtete Stuart Priest aus der britischen Region Essex während eines Workshops zu Gewalt unter Jugendlichen. Das sei so unerwartet passiert, dass er sich nicht einmal gewehrt habe. Als er die Täter später in Gegenwart der Eltern nach dem Warum gefragt habe, hätten sie keine Antwort gewußt. Das zeige, wie banal Auslöser von Gewalt seien. Heute sei er überzeugt, dass Gewalt nicht mit Gewalt begegnet werden könne. Diesen Weg fänden nicht viele von selbst, konstatierte die Sozialpädagogin Hanka Giller aus Saalfeld. Sie berichtete über Erfahrungen im Umgang mit Jugendgruppen einschließlich gewalttätiger Rechtsextremisten, dass der Schlüssel in der Kommunikation und in der Integration der Jugendlichen in die Gesellschaft liege. Erste erfolgreiche Schritte seien dabei mit einem Runden Tisch der Jugend gegangen worden. Wissen zu vermitteln, reiche aber nicht aus. Nur ein Achtel der Kommunikation erfolge über die rationale Ebene, der größere Teil über Gefühle. Derer müßten sich die Jugendlichen bewußt werden. Seit sie das berücksichtigten, hätten sie mehr Erfolg.

Die Teilnehmer hätten die Chance gehabt, ein eigenes Geschichtsbild zu entwickeln, berichtete Daniela Hinze aus Mühlhausen. Sie studiert in Marburg Politik Wissenschaft und Jura und hatte schon vor zwei Jahren an einer derartigen Begegnungswoche teilgenommen. Damals hätten sie Berichte von ehemaligen Häftlingen des KZ Mittelbau Dora bei Nordhausen gehört, dieses Mal seien sie mit Zeitzeugen aus dem sowjetischen Speziallager konfrontiert worden. An dieser doppelten Geschichte Buchenwalds habe sie zu knabbern, räumte sie ein. Unter den Jugendlichen ihres Bekanntenkreis finde sie allerdings wenig Interesse an diesen Problem. Auch in der Schule sei davon wenig zu hören. Sie hoffe jetzt, dass sie ihre Erfahrungen aus den Gesprächen mit Zeitzeugen weitergeben könne.

Polnische Teilnehmer berichteten von einem staatlichen Programm zur Integration von Sinti und Roma, die in einigen Regionen zugewandert sind. In manchen Gegenden spiele aber auch Antisemitismus und rechte Gewalt eine Rolle. Nach anfänglichem Wegschauen fänden sich jedoch zunehmend Menschen, die dagegen Front machten. In Ungarn ist nach Darstellung des Budapester Jugendstaatsanwalt Richard Horwath die Gewalt unter Jugendlichen nur punktuell nationalistisch motiviert. Politische Gruppierungen beteiligten sich daran nicht. Britische Teilnehmer verwiesen auf ein seit Jahren erfolgreiches Modellprojekt für Streetworker gegen Rechtsextremismus.

Warum sind junge Menschen von heute so anfällig für die rechtsextremistische Ideologie, wollte Priest in einer Diskussionsrunde mit dem stellvertretenden Vor sitzenden der Jüdischen Gemeinde in Thüringen, Prof. Reinhard Schramm, wissen. Weil sie so einfach sei und sich so leicht in einfache Köpfe pflanzen lasse, lautete die Antwort. Der Kampf gegen diese Ideologie koste dagegen viel Geld und brauche kluge Köpfe, betonte Schramm. Für ihn habe die Forderung, der Gewalt den Kampf anzusagen, schon wieder etwas mit Gewalt zu tun, konstatierte Rook. Er plädierte dafür, statt dessen über Strategien nachzudenken mit denen der Gewalt die Energie entzogen werden kann.

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