Markierung für einstiges MfS-Sperrgebiet

Gelände in Hohenschönhausen soll gekennzeichnet werden / Öffentliche Debatte beginnt

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Auftrag steht fest: Das Bezirksamt Lichtenberg soll in Abstimmung mit der Gedenkstätte Hohenschönhausen »in geeigneter Weise« das ehemalige Sperrgebiet des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Alt-Hohenschönhausen kennzeichnen. So haben es die Bezirksverordneten beschlossen. Wie aber das einst mit einer zwei Kilometer langen Mauer abgeschottete Areal markiert wird, ist noch unklar. Jetzt hat erst einmal die öffentliche Debatte zu dem Projekt begonnen. Vertreter von Senat, Bezirk und Gedenkstätte sowie Historiker, Sachverständige und ehemalige Häftlinge des Stasi-Untersuchungsgefängnisses trafen sich am Dienstagabend zu einer Podiumsdiskussion. Erste Ideen für eine Markierung des riesigen Komplexes, auf dem sich das zentrale Untersuchungsgefängnis des MfS, ein Arbeitslager, Werkhöfe und verschiedene Dienstleistungen des MfS befanden, liegen vor. So könnten vier Informationstafeln über wichtige Gebäude auf dem Gelände informieren. »Sie sollten Texte, Umrisse und Fotos enthalten«, sagte Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte. Als Standorte für die Aufsteller schlug er die heutigen Zufahrten zum einstigen Sperrgebiet in der Freienwalder- und in der Genslerstraße vor. Auch am ehemaligen Arbeitslager, nördlich der Gedenkstätte und an einem Bau, in dem Überwachungstechnik hergestellt wurde, könnten die Infotafeln stehen. Die von Knabe vorgeschlagenen Texte stoßen jedoch vor allem bei einigen in der Linkspartei.PDS auf Kritik. Moniert wird die Formulierung »kommunistische Diktatur«. Mit diesem Begriff diffamiere man Millionen ehemalige DDR-Bürger, betonte eine ältere Frau aus Hohenschönhausen. Der Vorsitzende des BVV-Kulturausschusses, Jürgen Hofmann, erklärte: »Wir brauchen eine Lösung, die von vielen politischen Schichten getragen wird.« Auch Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei.PDS) sprach sich für »einen öffentlichen Verständigungsprozess« aus. Dass das Areal noch zusätzlich markiert werde, hielt er für wichtig. »Es gehört zur Aufarbeitung der Geschichte, die dadurch transparent wird«, sagte der Senator. Bewohner der nach der Wende errichteten 29 Einfamilienhäuser an der Lichtenauer Straße, die direkt an die Gedenkstätte grenzt, sind gegen Infotafeln außerhalb des Geländes. Sie befürchten, dass ihr Wohngebiet zu einem Sperrgebiet wird. »Wir sind nicht gegen die Stasi-Gedenkstätte, doch das Ausmaß des einstigen Geländes sollte besser im Innern dargestellt werden«, erklärte Anja Bernsdorf. In einem Schreiben an das Bezirksamt fordert deshalb der neu gegründete Kiezbeirat »Am Wachturm«, »in die Entscheidungsfindung einbezogen zu werden«. Der ehemalige Häftling Reinhard Fuhrmann hielt dagegen eine Markierung außerhalb der heutigen Gedenkstätte für sinnvoll, »um das ganze Ausmaß dieses Komplexes praktisch maßstabsgerecht darzustellen«. Bezirk, Senat, Stadtplaner, die Gedenkstätte und auch Menschen, die dort zu DDR-Zeiten arbeiteten, sollen in den nächsten Monaten gemeinsam das Projekt voranbringen.
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