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Täteraufklärung in Ahlbeck, Greifswald und Wismar

Menschenrechtler informierten über die Hintergründe dreier Morde

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (ND-Rex). Zuerst wurde gestern der Info-Stand an der inzwischen bundesweit bekannten Kirche in Ahlbeck aufgebaut. Ausgerechnet vor einer Kirche hatten vier inzwischen verhaftete Nazis Ende Juli einen Obdachlosen zu Tode getrampelt. Der Verein «Für Demokratie und Toleranz» wollte gestern die so genannte schweigende Mehrheit der Bevölkerung über Täter und deren Hintermänner aufklären. Man sei mit dem Info-Stand von der Kirche zur Ahlbecker Seebrücke umgezogen, berichtete Gewerkschafter Volker Schulze. An der Seebrücke habe man mehr Bürger ansprechen können.

Besonders junge Ahlbecker Bürger und Urlauber hätten sich von den Gewerk schaftern und Parteipolitikern informieren lassen. So berichtete ein Ehepaar aus Hannover über Neonazis in seiner Stadt. Der Verein wollte an diesem Tag gerade in Urlauberzentren für das andere, tolerante Mecklenburg-Vorpommern werben, er klärte Volker Schulze vom DGB.

Wismar zählt laut Verfassungsschutz zu den wenigen Hochburgen der NPD in Mecklenburg-Vorpommern. Hier hatten Neonazis Mitte Juli einen Obdachlosen in einem Abrisshaus ermordet. Mehrere Fernsehstationen filmten gestern in der Hanse-Stadt den Info-Stand von «Demokratie und Toleranz». DGB-Kreisvorsitzender Thomas Fröde bemerkte jedoch eine «weitgehende Ignoranz» durch die Einheimischen. Die meisten hätten den Stand spürbar gemieden. Man müsse offensichtlich auch in Wismar erst einmal klein anfangen, sagte der Gewerkschafter. Der 17. August sei bewusst gewählt wor den, so Fröde. Für diesen Tag hatten Neonazis auch in Mecklenburg-Vorpommern Aufmärsche zum Todestag des Faschisten Heß angekündigt.

In Greifswald diskutierten gestern Gewerkschafter, Kirchenleute, Bürgerrechtler und Parteipolitiker über einen aktuellen Fall. In Greifswald war ebenfalls ein Obdachloser erschlagen worden. Mitte der Woche wurde bekannt, dass einer der beiden Greifswalder Schützenvereine am vergangenen Sonnabend NPD-Leute als Ordner beim Schützenfest einsetzte. Der in Westdeutschland lebenden Vorsitzenden des Vereins wird eine rechte Gesinnung nachgesagt. Auch Mitglieder des Vereins sollen nach diesen Quellen zur rechten Szene gehören.

Am Greifswalder Info-Stand diskutier ten Landtagspräsident Hinrich Kuessner (SPD) und Arnold Schoenenburg, Geschäftsführer der PDS-Landtagsfraktion, mit Bürgern. Am Stand erschien auch das Mitglied des Schützenvereins, das am Wochenende die Polizei über die große Zahl von «Glatzen» beim Schützenfest infor mierte. Da die NPD-Leute einen Sicherungsauftrag vom Vereinsvorstand hatten, griff die Polizei nicht ein.

In Rostock plant die NDP für Sonnabend einen Aufmarsch mit 2500 Anhängern. Auch hier soll der Oberfaschist Heß als Idol von Jung-Nazis gefeiert werden. Gestern verbot die Stadtverwaltung Kundgebung und Marsch durch die Innenstadt. Trotzdem will das Bündnis «Bunt statt braun» am Sonnabend ab 13 Uhr auf dem Rostocker Neuen Markt gegen Nazi-Gewalt demonstrieren, sagte PDS-Kreisvorsitzender Wolfgang Leuchter. An der Kundgebung wolle diesmal auch die CDU teilnehmen.

Trotz großer Polizeiaufgebote mar schierten Neonazis bereits am Mittwochabend für ihr faschistisches Vorbild Heß in mehreren deutschen Städten auf. Der größte Fackelzug wurde aus Warnemünde gemeldet. Seite 5

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