»Nur einen Schuss frei«

Harald Wolf im BER-Untersuchungsausschuss: Beteiligungsmanagement verbessern

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 2 Min.
Erstmals wurde gestern im BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses ein Mitglied der Linkspartei vernommen.

Harald Wolf saß als Wirtschaftssenator von 2008 bis Herbst 2011 im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft. Er war also für das Projekt mitverantwortlich, als im Juni 2010 die erste Verschiebung des Eröffnungstermins von Oktober 2011 auf den 3. Juni 2012 beschlossen wurde. Als Gründe wurden die Insolvenz einer Planungsgesellschaft und die neuen EU-Sicherheitsanforderungen genannt, die den Einbau von platzintensiven Flüssigkeitsscannern erforderten. »Der Ernst der Lage war uns klar«, betonte Wolf und zitierte den damaligen Vorsitzenden des Aufsichtsrates: »Wir haben nur den einen Schuss frei«, soll Klaus Wowereit gesagt haben.

Dass es danach sogar noch mehrmals knallte, dafür machte auch Wolf vor allem die Chefs der Flughafengesellschaft verantwortlich. Von dieser sei der Aufsichtsrat »deutlich nicht ausreichend informiert« worden, ob dies aus Unkenntnis geschah oder die Lage beschönigt wurde, das müsse der Untersuchungsausschuss herausfinden.

Nach der ersten Verschiebung sollte jedenfalls alles besser werden, der Informationsfluss, dass Controlling, die Begleitung des Projekts durch den Bauherren Flughafengesellschaft. Ein Terminmonitoring wurde beschlossen und sogar die Einstellung eines Sachverständigen für Bauablaufstörungen. Danach sei er davon ausgegangen, dass nun die Realität auf der Baustelle besser abgebildet werde. Erst im Nachhinein sei klar geworden, »dass wir wieder in eine so kritische Situation hineinlaufen. Das war aber für uns nicht erkennbar«.

Wolf widersprach auch der Auffassung, dass der Aufsichtrat zu gutgläubig und mit zu wenig Sachverstand, sprich Experten, ausgestattet ist. »Wir hatten einen Vorsitzenden, der bekanntlich nicht zu leichtsinniger Vertrauensseligkeit neigt«, nahm er Wowereit in Schutz. Und das Thema Experten werde überschätzt, erklärte er am Beispiel der Berliner Bankgesellschaft. Dort hätten jede Menge Banker und Industriekapitäne im Aufsichtsrat gesessen, und trotzdem sei das Unglück nicht verhindert worden. Ein Aufsichtsratsmitglied müsse in der Lage sein, Vorgänge im Unternehmen zu beurteilen, aber nicht das operative Geschäft.

Das Aufsichtsratsarbeit aber vielleicht doch anders organisiert werden kann, hatte der Ex-Senator einst selbst demonstriert. Für die öffentlichen Unternehmen, bei denen er Chef dieses Gremiums war (zum Beispiel den Wasserbetrieben), unterhielt er ein Aufsichtsratsbüro, das von ihnen finanziert wurde, ihnen gegenüber aber nicht weisungsgebunden war. Dadurch konnten auch eigene Controller eingestellt werden. Leipzig oder Hamburg unterhielten sogar Beteiligungsgesellschaften für ihre Unternehmen, die sich intensiv mit diesen beschäftigten und die Aufsichtsräte unterstützten. Er habe damals Finanzsenator Sarrazin vorschlagen, das Beteiligungsmanagement zu reformieren, dessen anfängliches Interesse sei aber schnell wieder erloschen.

Wolfs ehemaliges Aufsichtsratsbüro übrigens befindet sich in der Abwicklung.

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