Polens Skispringer wollen Olympiagold

In drei Leistungszentren trainieren die Nachfolger des mehrfachen Weltmeisters Adam Malysz

  • Manfred Hönel, Klingenthal
  • Lesedauer: 3 Min.
Beim Weltcup in Klingenthal wurde hinter den Kulissen schon über die olympischen Wettbewerbe orakelt.

Bisher beherrschten Österreichs Skiadler und die Norweger die Skisprungschanzen. Schon im vergangenen Winter hat sich das Bild ein bisschen gewandelt. Der Pole Kamil Stoch segelte zum Weltmeistertitel. Die Slowenen holten sich den Weltcup im Teamspringen. In diesem Jahr könnten sich die Deutschen dem neuen Vogelzug anschließen. Ihr zweiter Platz beim Weltcupauftakt im Teamspringen von Klingenthal ist ein gutes Signal für die Olympischen Winterspiele in Sotschi.

Zwischen den Skihütten an der Vogtland-Arena waren sich die Experten einig: Die Polen könnten zur neuen Schanzenmacht in diesem Winter aufsteigen. Wenn sie am Ende im Teamwettbewerb am Sonnabend nur den vierten Rang hinter Slowenien, Deutschland und Japan belegten, lag das in erster Linie an Rasmus, dem Gott des Windes. Piotr Zyla hatte die Polen im zweiten Durchgang mit einem wunderbaren 145-m-Sprung an die Spitze gebracht, als plötzlich der Wind derart auffrischte, dass nach 30 Minuten Wartezeit der Wettbewerb abgebrochen werden musste. Das Teamspringen endete und wurde nach nur einem Durchgang gewertet.

»Schade. Die Bedingungen sind eben so wie sie sind. Aber ich bin gut drauf und die Saison ist lang. Der vierte Platz ist kein Traumergebnis für uns, aber immerhin lagen wir vor Österreich und Norwegen. Wir wollen vor allem in Sotschi weite Sprünge stehen«, sagt ein unbekümmerter Piotr Zyla. Er ist wahrlich nicht der einzige Skispringer mit dem weißen Adler auf der Brust, der sich zur Weltklasse zählen kann. 42 Jahre nach dem Olympiasieg von Wojciech Fortuna, soll bei Olympia wieder ein Pole auf dem Siegerpodest stehen.

Die Erben des mehrfachen Weltmeisters Adam Malysz brennen vor Ehrgeiz. Wobei sich der Enthusiasmus für das Skispringen in Polen gewandelt hat. »Zu Adams Zeiten fuhren plötzlich Väter mit ihren Söhnen 300 bis 400 Kilometer aus dem Flachland ins Gebirge, um die Jungs zum Skispringen anzumelden. Das wurde meist nichts. Jetzt haben wir ein effektives System aufgebaut«, verrät Polens Cheftrainer Lukasz Kruczek. In Polen gibt es in der Hohen Tatra und in den Beskiden mit Zakopane, Szczyrk und Wisla drei Leistungszentren. »Dort trainieren unsere Kaderathleten und der talentierte Nachwuchs. Die Talente suchen wir unter den Jungen und Mädchen bei Veranstaltungen auf kleineren Schanzen«, erklärt Kruczek. Die Kosten für die Nachwuchsförderung übernahm ein großer Mineralölkonzern. »Dadurch können wir mit dem Nachwuchs ohne finanzielle Sorgen arbeiten«, sagt Polens Co-Nationaltrainer Zbigniew Klimanski. Für Aufsehen sorgten bereits bei der Qualifikation für das Einzelspringen in Klingenthal der bereits erwähnte Piotr Zyla und David Kubacki mit den Plätzen 1 und 3.

Für Trainer Lukasz Kruczek ist die plötzliche Stärke seiner Mannschaft keine Sache, die man plötzlich aus dem Hut zaubert. »Nach Adam Malysz fehlten wir nur ganz kurze Zeit unter den Siegern. Wir hatten schon damals gut mit dem Nachwuchs gearbeitet. Dadurch fanden wir schnell wieder Anschluss«, sagte der Trainer gegenüber Journalisten.

Mit Blick auf Olympia investierten die Polen viel Zeit ins Krafttraining und in die Verbesserung der Anlaufposition. Kruczek entpuppte sich bei seinen Jungs, offensichtlich mit Erfolg, als Gute-Laune-Trainer: »Wir waren außer auf den Mattenschanzen wie in Oberstdorf viel in warmen Regionen. Zum Beispiel in der Türkei. Noch im Oktober hielten wir uns zu einem Trainingslager in Dubrovnik an der Adria auf. Wir taten dort etwas für die Motorik. Die Jungs hatten auch Spaß beim Kanufahren.«

Unterstützung erhalten die Polen aus Thüringen und Sachsen. »Die Polen, wie überhaupt die gesamte Weltelite, springen mit meinen Schuhen«, sagt der Schuhhersteller Volkmar Raas aus Schönheide. Der frühere Alpine vom SC Traktor Oberwiesenthal beging am Wochenende 50-jähriges Jubiläum. 1963 begann er mit der Produktion von Sprungschuhen. .Service-Mann Peter Lange vom Skiproduzenten »Flüge.de« aus Floh in Thüringen, ehemals Germina, erklärte: »Die Polen gehörten zu den ersten Skispringern, die nach unserem Neuanfang zu uns gekommen sind.«

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