Schnee und Hochwasser in Israel und Palästina
Der Nahe Osten erlebt die schwersten Winterstürme seit 60 Jahren
Wenigstens US-Außenminister John Kerry hat sich seinen Humor bewahrt: »Ich habe gehört, dass sich Gäste wie zu Hause fühlen sollen. So weit ist bisher noch niemand gegangen - ich werde mit einem neu-englischen Schneesturm begrüßt«, sagte er, nachdem er am Wochenende zu einer weiteren Gesprächsrunde mit Israelis und Palästinensern in der Region eingetroffen war.
Einem Großteil der Einheimischen, nicht nur in Israel und Palästina, war zu diesem Zeitpunkt das Lachen längst vergangen: Kaum noch jemand hat Freude an dem Schnee, der Jerusalem, Jordaniens Hauptstadt Amman, selbst die Pyramiden außerhalb von Kairo in ein strahlendes Weiß getaucht hatte. Denn die kalten Massen, die sonst maximal mal für ein paar Minuten in Jerusalem und im Norden Israels und in den Höhenlagen des Libanon und in Syrien fallen, trafen die Region komplett unvorbereitet.
Vielerorts brach die Stromversorgung zusammen, und zwar so nachhaltig, dass fast der gesamte Norden Israels, Jerusalem, das Westjordanland, der Gazastreifen und fast ganz Jordanien auch am Sonntagnachmittag weiter ohne auskommen mussten - eine Katastrophe, denn nur wenige Gebäude in der Region sind mit Zentralheizungen ausgestattet; man heizt mit Elektroöfen, und das reichhaltig, weil die Gebäude meist schlecht isoliert sind. Als noch problematischer erwies sich am Sonntag, dass mittlerweile auch die Nahrungsmittel in den Kühlschränken, sowohl zu Hause, als auch im Laden, verderben.
Noch problematischer ist die Lage der syrischen Flüchtlinge, die in Zeltlagern jenseits der jordanischen Grenze Zuflucht gefunden haben. Die UNO spricht von einer drohenden humanitären Katastrophe. »Wir haben erhebliche Schwierigkeiten, die Leute mit Decken, Heizkörpern und Nahrungsmitteln zu versorgen«, sagt ein UNO-Sprecher, der zudem darauf verweist, dass eine recht große Zahl der Menschen bereits durch die Entbehrungen der Flucht unter gesundheitlichen Problemen leide.
Prekär ist auch die Lage im Gazastreifen. In den Küstenregionen fielen die Niederschläge als Regen; viele Städte in dem dicht bevölkerten Landstrich litten unter Überschwemmungen; in den Läden wurden große Mengen an Nahrungsmitteln vernichtet. Sowohl die UNO als auch Israel erhöhten die Lieferungen von Öl, Gas und Nahrungsmitteln.
In Israel sorgte das Chaos für heftigen Streit zwischen Regierung, Kommunalpolitikern und dem staatlichen Stromversorger. Regierungschef Benjamin Netanjahu wirft dem Unternehmen vor, in den vergangenen Jahren nichts in die Infrastruktur investiert zu haben. Doch dort kontert man, die Infrastruktur sei qua Gesetz Sache der Regierung, die allerdings, obwohl mehrere Kommissionen im Laufe der vergangenen Jahre vor diesem Szenarium gewarnt hatten, nichts unternommen habe.
Zudem moniert man dort, wie auch in vielen Kommunen, dass das Verteidigungsministerium nicht viel stärker das Militär eingesetzt hat, um zu helfen: »Die Armee hat Infrastrukturspezialisten, die wir in diesen Tagen dringend zur Verstärkung bräuchten«, so Sprecher des Stromversorgers und Kommunen einhellig. Doch das Militär erklärt unter Verweis auf die jüngsten Kürzungen im Armeehaushalt, das sei im Budget nicht drin.
Heftige Kritik gibt es auch an der Leitung des biblischen Zoos in Jerusalem. Nachdem eine Palme zwei Flamingos erschlagen hatte, und drei Vögel und zwei Nabelschweine erfroren, werfen die Medien der Einrichtung vor, die Tiere nicht ausreichend geschützt zu haben.
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