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Museum für autodidaktische Kunst

In der Krossener Straße ist der neue Ausstellungsort erst einmal mit der Galerie zusammen untergebracht

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Baustellenschild und der lapidare Satz: »Hier entsteht eine neue Internetpräsenz« ist bisher das einzige, das erscheint, wenn man im Internet die Adresse www.autodidaktum.org eintippt. Das befriedigt die Neugier nicht so recht, ist aber ein gutes Symbol für den derzeitigen Stand der Dinge in Berlins neuestem Museum, dem Museum für autodidaktische Kunst. Bereits im April ist es es eröffnet worden. Wobei der Begriff Museum zwar ehrgeizig gewählt ist, bisher aber doch arg hoch gegriffen scheint. Wer die (laut Faltblatt) neueste »Institution der traditionsreichen Museumslandschaft Berlins« besucht, landet in der Gallery twenty-four, die seit 2001 die Werke unbekannter Künstler ausstellt. Mit zehn Räumen ist die Galerie in Friedrichshain zweifellos groß, aber ein Museum? Galeriegründer und Inhaber Pablo Reese, selbst autodidaktischer Künstler, klärt auf: Das neue Museum sei nur provisorisch in der Galerie untergebracht. Ein Teil von Reeses umfangreicher Sammlung an autodidaktischer Kunst ist hier in einem kleinen Hinterraum untergebracht, der Rest lagert bei ihm zu Hause - so lange, bis ein geeigneter Standort gefunden ist. Am besten eine große Fabriketage, in der auch die Galerie Platz hätte. Denn Galerie und Museum dienen dem gleichen Ziel: die Werke von Künstlern, die keinen offiziellen Kunsthochschul-Abschluss haben und deshalb kaum Beachtung bei kommerziellen Galeristen finden, zu fördern. Die Gallery twenty-four tut dies, indem sie Ausstellungsfläche anbietet; diese muss zwar von den Künstlern bezahlt werden, dafür dürfen sie den Verkaufspreis zur Gänze behalten. Das Museum dagegen will autodidaktische Kunst dokumentieren, erfassen und vermitteln: mit einer Datenbank, die von Sammlern und Kuratoren weltweit eingesehen werden kann, einer Registratur, in die sich Künstler eintragen können, und einem ungewöhnlichen Sammelkatalog in Form eines Plexiglaskastens, in dem die Künstler mittels Informationsblättern, Lebenslauf und Exponaten vorgestellt werden. Alle drei Monate wird der Kasten um fünf Künstler erweitert; ist er voll, wird ein neuer angelegt. Finanzieren soll sich das Projekt, das vom Förderverein Autodidaktum unterstützt wird, über Mitgliedsbeiträge, Spenden und verschiedene Aktionen. »Autodidakt zu sein, wirkt heute fast wie ein rotes Tuch«, kritisiert der gebürtige US-Amerikaner Reese, der seit langem in Berlin wohnt. Viele Galeristen orientierten sich ausschließlich am Lebenslauf. »Dabei ist ein Stück Papier mit Stempel drauf nicht alles.« Doch ohne Abschluss hat man es schwer auf dem Kunstmarkt. Selbst van Gogh, wohl der berühmteste Autodidakt, verkaufte zu Lebzeiten gerade mal ein Bild. Pablo Reese hofft, diese Einstellung ändern zu können. Der Erfolg scheint ihm recht zu geben: Vor kurzem hat er eine Dependance in Paris eröffnet. Natürlich in Montmartre. Galerie und Museum: Krossener Str. 34, Friedrichshain, geöffnet Mittwoch bis Sonnabend 14-19 Uhr

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