Matthias Platzeck will sich einen Traktor kaufen

Langjähriger Ministerpräsident feiert 60. Geburtstag und plant seinen gänzlichen Rückzug aus der Landespolitik

  • Klaus Peters
  • Lesedauer: 3 Min.
Matthias Platzeck feiert am 29. Dezember seinen 60. Geburtstag. Das sozialdemokratische Urgestein der Nachwendezeit zieht sich aus der Tagespolitik zurück und freut sich auf das Landleben.

Der Abgeordnete Matthias Platzeck (SPD) wirkt sehr aufgeräumt in seinem noch sehr unaufgeräumten Büro im neuen Potsdamer Landtag. »Richtig schön ist das hier«, sagt der ehemalige Ministerpräsident und strahlt. Gerade erst ist das Parlament in den Neubau auf dem Alten Markt umgezogen. In Platzecks Büro lehnt ein Bild noch verpackt an der Wand. Er hat sein neues Büro gerade erst bezogen. Alles riecht nach Neuanfang. Doch Platzeck hat seinen Abschied aus der aktiven Landespolitik angekündigt. Am 29. Dezember feiert er seinen 60. Geburtstag.

Seit 1990 ist er dabei, hat allen Kabinetten angehört und die Regierung bis zum Rücktritt im August nach einem leichten Schlaganfall elf Jahre lang geleitet. Zur Landtagswahl am 14. September 2014 will er nicht mehr antreten, sich ganz aus der Landespolitik zurückziehen. »Ich habe erkannt, dass man einen Schnitt auch ganz vollziehen muss«, lautet seine einfache Erklärung.

»Erstmal möchte ich endlich mehr Zeit für meine Familie haben, die viele Jahre auf mehr Zuwendung gewartet hat«, sagt der Vater von drei Töchtern. »Als die Mädchen klein waren, in den 90er Jahren, brannte hier in Brandenburg nach der Wende die Luft. Da haben die Mädchen nicht so viel von mir gehabt«, erinnert sich Platzeck. »Und nun kommen die Enkelkinder, die einen Großvater brauchen, eins ist schon da.« In der Uckermark lässt sich Platzeck derzeit eine Bleibe auf dem Land bauen. »Es ist ein schlichtes Häuschen mit schöner Gegend drumrum, wo die Enkel die Zusammenhänge der Natur kennenlernen können. Also, das wird alles ein bisschen so wie Jugendherberge.« Selbst Hand anlegen kann er da nicht, dazu fehlt ihm noch die Zeit. Obwohl Platzeck es könnte: »In der 80er Jahren haben wir zusammen mit den heutigen Mitbewohnern und einigen Freunden in Babelsberg ein völlig verfallenes Haus ausgebaut, in dem wir immer noch wohnen«, erinnert er sich. »Da haben wir auch das Dach neu gedeckt, selbst die Zwischendecken mussten wir erneuern.« Platzeck freut sich auf das Landleben. »Wir werden eine Streuobstwiese anlegen. Und ich kaufe mir einen kleinen Trecker.« Segeln will er auch wieder: »Ich war bis 1989 begeisterter Regattasegler und war seitdem nie wieder auf einem Boot.«

Was Platzeck in seinem neuen Büro ausgepackt hat, weist auf seine künftige Tätigkeit hin: ein jüdischer Chanukkaleuchter. Platzeck ist seit Jahren Vizevorsitzender der Jerusalem-Foundation und setzt sich für die Verbesserung der jüdisch-palästinensischen Beziehungen ein. Im deutsch-russischen Forum und im Vorstand der Friedrich-Ebert-Stiftung arbeitet er an den Beziehungen zu den Nachbarn im Osten. Hinzu kommen Schirmherrschaften für Organisationen wie »Hilfe für Familien in Not« und die Multiple Sklerose Gesellschaft. Im ZDF-Verwaltungsrat will er weiter Medienpolitik machen.

Eine Autobiografie plant Platzeck nicht. »Es gibt ja genug, die schreiben schon nach vier Jahren im Amt Memoiren, aber das ist meine Sache nicht.« Er will künftig zwischen der Uckermark und seinem Kiez in Potsdam-Babelsberg pendeln. Und er bleibt Gast in seiner Stammkneipe, bei »Hiemke«, seit 1896 in Familienbesitz. »Da habe ich die Kinder der Seniorchefin Uschi Zander aufwachsen sehen, die jetzt die Kneipe führen«, sagt Platzeck. »Da bin ich nicht der ehemalige Ministerpräsident, sondern Matthias. Und da gehe ich heute Abend auch wieder hin.« dpa

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