Von wegen Rechtschreibchaoten!

Einen allgemeinen Verfall der Rechtschreibung von Kindern und Jugendlichen gibt es nicht, meint der Sprachdidaktiker Hans Brügelmann

Falsche Grammatik und Rechtschreibfehler, zusammenhanglose Sätze und Worthülsen - nicht nur Lehrer klagen über die Defizite ihrer Schüler, auch aus den Unis ist immer häufiger die Kritik von Professoren über die sprachlichen Unzulänglichkeiten ihrer Studenten zu vernehmen. Alles Panikmache, sagt dagegen Hans Brügelmann, der bis 2012 als Professor für Grundschulpädagogik und -didaktik an der Uni Siegen lehrte. Mit ihm sprach Jens Wernicke.

nd: Glaubt man den Alarmmeldungen, dann nimmt die Zahl der »Verhaltensstörungen« und »Lernschwächen« zu. Können Sie diesen Befund bestätigen?
Brügelmann: Ob dem wirklich so ist oder ob es eher unsere Sensibilität für Abweichungen von der Norm ist, die mehr und mehr zugenommen hat, ist schwer zu sagen. Festzuhalten ist jedenfalls: Wir haben für die Vergangenheit keine belastbaren Vergleichsdaten. Und wir haben auch keine inhaltlich begründeten Schwellenwerte: Was akzeptieren wir noch als Abweichung innerhalb der normalen Streuung und was klassifizieren wir als »Schwäche« oder »Störung«? Weil man keine inhaltlichen Kriterien hat, macht man den Schnitt nach statistischen Gesichtspunkten - meist irgendwo zwischen 5 und 15 Prozent einer Altersgruppe. Die vorhandenen Schwellenwerte sind also das Resultat statistischer Normierungen und insofern willkürlich. In Summe sorgen sie dann dafür, dass Kinder und Jugendliche schon allein deshalb ...


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